Bodenwerder (kb). Im 17. und 18. Jahrhundert war der Kirchhof das kulturelle und administrative Zentrum eines Ortes, auch im 21. Jahrhundert wird er in Kemnade noch in dem Sinne genutzt. Seit der Dionysius-Turm der alten Marktkirche restauriert wurde und für Pilger und andere Besucher tagsüber offensteht, werden der Turm und das Areal darum herum mit Zustimmung der ev.-luth. Kirchengemeinde auch für gemeinschaftliches Leben genutzt. Damit wird eine Tradition fortgesetzt, die auf die besonderen Rechte der sogenannten Kirchhöfer, wie die Menschen, die um die Kirche herum wohnten, genannt wurden, zurückgeht.

Die Klosterkirche St. Marien war vor hunderten von Jahren eine beliebte Wallfahrtskirche, die alljährlich von tausenden von Pilgern besucht wurde. Kamen die Pilger wegen der Reliquie, einem Span vom Kreuze Christi, der im Haupt der romanischen Christusfigur verwahrt wurde oder war die Annensäule mit dem  Muttergottesbild, wie es in einem alten Zeitungsartikel heißt, der Grund dafür, dass die Klosterkirche so viele Gläubige anzog?

Heute lässt sich dies nicht mehr herauszufinden, dafür weiß die Chronik aber zu berichten, wie die enge Bauweise der Gebäude um den Kirchplatz herum entstanden ist. Die Wallfahrer mussten versorgt werden, mit Lebensmitteln, Kleidung, Schuhwerk und anderem. Dazu bauten die Händler rund um die Kirche ihre Verkaufsstände auf, die im Laufe der Zeit zu festen Häusern ausgebaut wurden. Heute gibt diese enge Bebauung um die Klosterkirche herum dem Ort sein ganz besonderes Flair. Das gemeinschaftliche Leben um den Kirchplatz herum ist sicher auch der Grund, warum die Kirchhöfer einen besonderen Zusammenhalt verspüren. Es ist für sie selbstverständlich, sich um „ihren“ Kirchplatz zu kümmern – der Turm wird morgens auf- und abends abgeschlossen und mit frischen Blumen versorgt, der breite Weg zum Eingang der Klosterkirche wird gefegt und die Rosen und Blumentöpfe versorgt und geschnitten.

Am Wochenende stand der Bereich um den alten Turm, der sogenannte Kirchplatz, als „Pilgerziel“ für jeden, der Lust auf selbstgebackenen Kuchen und Kaffee hatte, zur Verfügung. Für die musikalische Betreuung beim Pilgern sorgten nicht wie im Mittelalter Zither, Hörner, Cymbeln, Flöten und Trommeln, sondern der Kirchhöfer Wolfgang Brake und seine Musik-Freunde. Mit Gitarre, Mundharmonika, Akkordeon und Gesang unterhielten sie die Gäste wie die Musikanten einst die Wallfahrer. Nicht nur Einheimische, auch viele Kirchenbesucher nutzten diese unterhaltsame Art des Kaffeetrinkens auf dem kirchlichen Gelände und freuten sich beim Anblick des mobilen Pizzaofens auf Bratwurst und Pizza am Abend. So sorgen die Kirchhöfer auch heute noch bei Festen rund um die Klosterkirche für das leibliche Wohl der Besucher.

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