Hameln-Pyrmont (ey/mes). Die schlechte Nachricht: Das Coronavirus ist im Landkreis Hameln-Pyrmont angekommen. Die gute Nachricht: Es steckt allein in der Psyche vieler Menschen, richtet keinen Schaden an. Aber es ist messbar! In kaum einer Apotheke im Landkreis gibt‘s jetzt noch einfache Mundschutzmasken. „Ausverkauft – seit Wochen“, sagt Ulrike Berz, Geschäftsführerin der Hamelner Raths-Apotheke.

Verrückt ist das. Da wabern Jahr für Jahr die verschiedensten Grippeviren durch das Weserbergland – aber erst das Coronavirus, (noch) weit entfernt und zumindest nicht von allen Experten als gefährlicher eingestuft im Vergleich zum Grippeerreger, lässt große Ängste aufsteigen. Dr. med. Axel Rojczyk, Vorsitzender des Ärztevereins Hameln, erklärt die Furcht vor den fremden Erregern und den Run auf den Mundschutz „schon auch durch die mediale Präsenz der Coronavirusinfektionen, weil die Berichterstattung von Anfang an enorm war“.

Nichtsdestotrotz sieht er nicht die Medien in der Schuld, weil Aufklärung nottut. „Es ist offensichtlich ja auch ein Virus, dessen Folgen stärker ausgeprägt sind als bei Grippe.“ Weltweit sind jetzt über 70 000 Fälle bekannt, davon sind 1873 Menschen verstorben. „Das zeigt, dass die Sterberate im Prozentbereich liegt. Das ist bei Grippe in der Tat nicht so“, sagt der erfahrene Mediziner aus der Praxis am Posthof. Das Virus zu unterschätzen sei genau so falsch wie zu viel Angst davor zu haben. „Deshalb glaube ich, dass gesunde Menschen keinen Mundschutz tragen müssen. Das ist übertrieben. Wer chronische Krankheiten hat, gerade durch Chemotherapien geschwächt ist oder nach Operationen vor Virusinfektionen gefeit sein soll, für den ist so ein Mundschutz allerdings nicht schlecht. Aber das gilt grundsätzlich – mit Corona hat das nichts zu tun.“

Allein nur auf den Mundschutz zu vertrauen, ist allerdings auch nicht ratsam. Laut Ulrike Berz schützen andere Achtsamkeiten ebenso gut vor Tröpfcheninfektionen. Dazu gehören unter anderem, Geländer und Türklinken so selten wie möglich anzufassen und sich regelmäßig die Hände gut zu waschen. Die Baisse im Mundschutz könnte aber ein Hinweis auf noch ganz andere Engpässe in den kommenden Jahren sein. Ulrike Berz: „Aus Kostengründen ist die Produktion von vielen Arzneimitteln ja ins Ausland verlegt worden. Das erschwert die Lage enorm.“ In Viruszeiten wie diesen müsse in Zukunft damit gerechnet werden, dass nicht mehr nur Mundschutzmasken fehlten, sondern viele andere, wichtige Medikamente ebenso.

Das Coronavirus hält die Welt seit Wochen in Atem. Auch das Weserbergland. Die Klütpraxis in Hameln verweist auf ihrer Homepage zum Beispiel darauf, dass das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, zum aktuellen Zeitpunkt gering sei. „Viel wahrscheinlicher ist, dass Ihre Beschwerden auf eine Grippe oder Erkältungskrankheit zurückzuführen sind“, ist dort zu lesen. Und das ist nicht unwichtig, denn bei aller berechtigter Sorge wegen Corona rückt die Grippe als hochansteckende Viruserkrankung in den Hintergrund.

Übrigens: Auch Bernd Salzberger, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, hält Schutzmaßnahmen von Bürgern wie das Tragen eines Mundschutzes derzeit für unnötig. „Persönlicher Schutz ist im Augenblick vollkommen unsinnig“, zitiert dpa den Infektionsexperten. Die chirurgischen Gesichtsmasken seien dem Experten zufolge nicht zum Schutz vor Ansteckungen gemacht.