Hameln-Pyrmont (ul). Steigende Preise und die aktuell spärlichen Niederschläge machen Niedersachsens Landwirten Sorgen. Viele von ihnen befürchten negative Auswirkungen auf die Ernte. Zu warm und zu trocken – wie besorgt sind die Landwirte im Weserbergland? Hallo Sonntag erkundigte sich beim Vorsitzenden des Ausschusses Pflanzenbau des Landvolkes, Landwirt Karl-Friedrich Meyer aus Tündern.

Meyer bewirtschaftet im Weserbergland gemeinsam mit seinem Sohn und vier weiteren Partnern sowie zwei Mitarbeitern 1150 Hektar im Ackerbau. Angebaut werden Kartoffeln, Zuckerrüben, Raps und Mais für Biogasanlagen sowie Getreide. „Wenn jetzt nicht bald Regen in ergiebiger Menge kommt, wird es zu starken Ertragsminderungen kommen“, fürchtet er.

Früher reichten den Landwirten traditionelle Bauernregeln, die sich auf Anbau und Ernte unter verschieden Temperaturen und Niederschlägen bewahrheitet hatten. Auch heute hat Karl-Friedrich Meyer Erfahrungen aus den zurückliegenden Jahren im Kopf und setzt diese nach wie vor in den Kontext des laufenden Jahres ein: „Grünt die Eiche vor der Esche, hält der Sommer große Wäsche. Grünt die Esche vor der Eiche, hält der Sommer große Bleiche.“ Diese alte Bauernregel gilt für Meyer noch heute.

Denn akut scheint die Lage nicht: Der Raps steht laut dem Landvolk aktuell in Vollblüte. Je nach Standort beurteilen die Landwirte die Situation von sehr gut bis befriedigend. Auch Gerste und Winterweizen stünden bislang gut da. Aber die Frühjahrstrockenheit mache sich langsam bemerkbar. Der Winterweizen habe sich vor allem im Süden Niedersachsens schwergetan. Und wegen der hohen Preise für Dünger halten sich dem Landvolk zufolge die Landwirte beim Düngen zurück. Es werde zu einer großen Unterversorgung der Pflanzen mit Nährstoffen kommen, befürchtet Meyer. Selbst Gülle als natürlicher Dünger werde knapper, weil es weniger Zuchttiere gibt.

Welche Alternativen die Landwirte bei der Planung des Anbaus heute haben, zeigt Karl-Friedrich Meyer auf: „Es gibt bei den Pflanzen natürlich Alternativen, aber wir müssen die Fruchtfolge beachten, die uns durch Brüssel zu einem Teil vorgeschrieben wird.“ Heute werde nicht nur nach oben auf den drohenden Niederschlag und seitlich auf den Wind geschaut, sondern vielmehr in die Tiefe der Böden, um dort die Feuchtigkeit zu messen. „Durch moderne Mulchsaatverfahren, die wir seit vielen Jahren verwenden, achten wir darauf, dass die Feuchtigkeit im Boden erhalten bleibt und möglichst wenig gepflügt wird.“

Auch die Forstleute kennen das Phänomen. Je trockener und windiger es ist, desto weniger hält sich die Feuchtigkeit im Waldboden. Meyer weiß: „In der Tat leidet auch der Wald unter zu trockenen Verhältnissen, vor allem die neuen Bestände, die im Februar/ März erst gepflanzt wurden.“

Wasser schien im Weserbergland für die Landwirte bisher keine Mangelware zu sein, im Gegenteil. Der Grundwasserspiegel füllte sich bis vor einigen Jahren wie von selbst. Meyer: „In der Tat leben wir hier im Weserbergland in einer vom Herrgott begünstigten Gegend, wo die Böden die Feuchtigkeit sehr gut halten. Trockene Jahre sind für uns immer die besseren als zu nasse Jahre.“ Doch was hat sich geändert? „Geändert haben sich die steigenden Temperaturen, die oft zu einer ausgeprägten Vorsommertrockenheit führen, das heißt, April und Mai sind oft zu warm und zu trocken.“

Entnehmen wir als Verbraucher dem  Grundwasser zu viel Wasser? Das bestreitet Meyer. „Bisher nicht, wie die Untersuchungen der Stadtwerke zeigen. Aber Wasser zu sparen, ist immer sinnvoll“, meint Meyer. Ist es also besser für die Bauern, wieder kleinere Ackerflächen zu bewirtschaften und dazwischen Baumreihen zu pflanzen, die zur Temperaturabsenkung und Haltung der Feuchtigkeit beitragen? „An solchen Versuchen wird intensiv gearbeitet, aber wir müssen uns immer an den Arbeitserledigungskosten und damit an einer wirtschaftlichen Arbeitserledigung orientieren, denn sonst ist die deutsche Landwirtschaft nicht wettbewerbsfähig. Wir müssen auch über eine intensive Züchtung an neue Sorten kommen, die mit unseren Verhältnissen gut zurechtkommen.“

Wie stellt sich der Landwirt auf diesen nun schon seit drei Jahren zumindest für den Laien anschaubaren Klimawandel ein? Gibt es für die Zuckerrübe und den Getreideanbau nun ernsthafte Probleme bei uns hier?

Beregnungsanlage als Lösung

„Wir versuchen durch Fruchtwechsel Früchte anzubauen, die mit dieser Trockenheit besser fertig werden. Aber Probleme haben wir noch nicht im Weserbergland, nur auf den kargen Standorten, da fehlt das Wasser. Und es gibt zunehmend Landwirte auch hier bei uns, die über die Anschaffung einer Beregnungsanlage nachdenken.“

In Süddeutschland werden bereits Versuchsfelder unter hochstehenden Solaranlagen erprobt. Der Landwirt kann mit dem Trecker und Erntegerät darunter agieren, die Pflanzen werden beschattet, erhalten aber auch Niederschlag, durch den Abstand der Solarmodule. Alternativen, die auch hier zum Einsatz kommen könnten. „Mit dem Ausbau der Photovoltaik werden neue Verfahren ausprobiert. Da sind wir Landwirte offen, ich selber habe aber noch keine Erfahrungen dazu“, meint Meyer.

Eine weitere Sorge bereitet der Ukraine-Krieg: Um einen drohenden Getreidemangel aus der dortigen Kornkammer abzuwenden, werden im Weserbergland Flächen anders bebaut. „Es gibt Brachflächen, die jetzt mit Getreide und anderen Früchten bestellt wurden, aber nicht überall macht das Sinn, wenn die Bodengüte der Flächen zu schlecht ist oder die Flächen auch zu klein sind oder direkt an Gewässern liegen, wo wir ohnehin Abstand mit der Bewirtschaftung halten müssen.“