Hameln-Pyrmont (ul). Wenn das Handy schlappmacht und ein neues Gerät erworben wird, wandert das alte oft in eine Schublade. Doch in jedem abgelegten Smartphone schlummern wertvolle Rohstoffe bis hin zu seltenen Metallen und Erden, die in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen sollten. Immerhin werden damit Ressourcen geschont. Ulrich Kaufmann, Agraringenieur mit Zusatzausbildung Abfallwirtschaft und Recycling bei der Kreisabfallwirtschaft (KAW) Hameln-Pyrmont, rät den Verbrauchern, sich zu fragen, welchen Zustand ihr altes Handy noch habe. „Hochwertige Geräte sind ja alle zu reparieren“, aber wenn das Betriebssystem veraltet ist oder die Speicherkapazität zu gering ist, dann funktioniere nur der Weg der Rohstoffkreislaufwirtschaft.

Der Zweite Markt in der Stüvestraße 45 in Hameln und der Verein Arbeit und Integration Bad Pyrmont mit ihrem Recyclinghof in der Lügder Straße 13 in Bad Pyrmont sind laut Geschäftsführer Martin Spreemann nicht berechtigt, alte Smartphones zu reparieren. „Wir nehmen alte Handys an, aber geben sie zum Wertstoffhof der Kreisabfallwirtschaft (KAW) in Afferde/Hilligsfeld.“
Die Kreisabfallwirtschaft ist wiederum verpflichtet, Altgeräte anzunehmen. Die Stiftung ear (Elektro-Altgeräte) als Interessenverband der Elektrogerätehersteller ist bundesweit zuständig für die Abholkoordination der Altgeräte bei den kommunalen Wertstoffhöfen. Vom Wertstoffhof aus werden die Altgeräte im Auftrag der Hersteller in Erstbehandlungsanlagen zur weiteren Verwertung gebracht. Das Problem: Hier werden die mit den wertvollen Rohstoffen bestückten Platinen meist geschreddert und eingeschmolzen und nicht präzise herausgefiltert.

Auf Nachfrage von HALLO kann uns nicht gesagt werden, zu welcher Erstbehandlungsanlage die Handys kommen. Die Nachverfolgung endet bei Abholung. „Wir können nicht sagen, wohin dieser Elektroschrott kommt“, so Kaufmann. Die Entsorger werden von der Stiftung ear zugelost. Es gibt einen Pool von Entsorgern. Damit kann auch nicht garantiert werden, dass die Rohstoffe ausschließlich in Deutschland wieder aufgearbeitet werden und in dem hiesigen Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. „Da hängen wir am Nabel der Wohlstandsgesellschaft“, so Kaufmann.
Axel Strobelt, Sachbearbeiter im Fachgebiet für Produktverantwortung beim Umweltbundesamt, das die Rechts- und Fachaufsicht über die Stiftung ear hat, teilt auf Anfrage mit: „Alte Handys werden in Erstbehandlungsanlagen für Kleingeräte (Kategorie 5 und 6) behandelt. Die Stiftung ear stellt hierfür ein Verzeichnis von Erstbehandlungsanlagen für Elektroaltgeräte bereit; leider lässt sich hier zum Teil nur sehr ungenau herauslesen, welche Altgeräte das jeweilige Unternehmen nun genau behandelt: https://www.ear-system.de/ear-verzeichnis/eba#no-back.

Keine genauen Angaben

Die Stiftung ear kann über den weiteren Weg auch keine genauen Angaben machen. Matthias Boecker auf Nachfrage: „Leider nein. Einen Entsorgungsweg können wir anhand der uns zurückgespielten Daten nie vollständig zurückverfolgen. Ein Hersteller meldet uns zwar, was mit den Altgeräten passiert (kumuliert in seiner Jahresmeldung), muss es aber nicht auf einzelne Gerätschaften oder Anschauungsbeispiele herunterbrechen.“

Da es nur noch wenige Hersteller in Deutschland gibt und damit die Entsorgung nicht mehr bei ihnen in der Verantwortung liegt, gibt es seit 2016 ein Gesetz, das auch den Handel zur kostenlosen Zurücknahme von Altgeräten verpflichtet. Doch der Weg danach bleibt intransparent. Die Bundesregierung reagiert seit 2016 mit dem Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetz (ElektroG) auf das Problem der Rücknahme des Handels, wertvolle Rohstoffe noch mehr in den Wirtschaftskreislauf zu bringen, in dem auch ein Teil des Handels und damit nicht nur die öffentlich-rechtlichen Entsorger zur kostenlosen Altgeräterücknahme verpflichtet wurde. So sind Versandhändler von Elektro- und Elektronikgeräten verpflichtet, Altgeräte kostenlos zurückzunehmen, wenn ihre Verkaufs- beziehungsweise Lager- und Versandfläche für Elektrogeräte mindestens 400 Quadratmeter erreicht.

Und was können wir als Verbraucher tun? Kathrin Körber, Produktmanagerin Telekomunikation und Internet bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, verweist auf die Entsorgungstipps der Telefonvertragsanbieter wie telekom, vodafone und telephonica-o2 sowie auf die kommunalen Entsorgungsstellen. Das gemeinsame Rücknahmesystem für Mobiltelefone von Deutscher Telekom und Teqcycle etwa wurde mit dem staatlichen Umweltzeichen Blauer Engel ausgezeichnet. Die Telekom bietet auch generalüberholte Geräte („refurbished“) und das „Fairphone“ an, das als nachhaltige Alternative zu Apple, Samsung und Co. gilt. Das Recycling bei vodafone übernimmt ALBA Electronics Recycling GmbH. Die Logistik übernimmt DHL, der Versand ist kostenlos. Telephonica-o2 kooperiert beim Recycling mit AfB. Smartphones mit Ladekabel und Akku können an den Nabu und die Deutsche Umwelthilfe geschickt werden, so Katrin Körber weiter.

Die gesammelten Althandys gehen zum Recyclingpartner AfB. Je nach Zustand der Geräte werden sie dann aufbereitet und anschließend ausschließlich in Europa über AfB-Shops und im Online-Shop (www.afbshop.de) an Kunden verkauft, die ein gebrauchtes Smartphone suchen. Mit einem vergleichbaren gemeinnützigen Partner („handysfuerdieumwelt.de“) arbeitet auch die Deutsche Umwelthilfe in Köln zusammen.