Hameln-Pyrmont (ul). Was treibt Frauen dazu, in eine typisch männliche Domäne vorzudringen? Die Gründe sind vielfältig. Fest steht: Immer mehr Frauen nehmen auf dem Hochsitz Platz. Der Anteil der Jägerinnen steigt stetig. Vor 25 Jahren waren nur ein Prozent der Jagdscheininhaber Frauen – heute sind es 24 Prozent! Es ist das Interesse an der Natur, der Schutz von Pflanzen und Tieren. Sie entscheiden sich bewusst, mehr über die Pflanzen und Tiere im Wald kennenlernen zu wollen und sie haben ein Interesse daran, gesundes Wildfleisch für die heimische Küche zu erwerben.

Für diese körperlichen Herausforderungen nehmen sie eine umfassende Ausbildung, das sogenannte „grüne Abitur“, auch unter erschwerten Corona-Schutzbestimmungen in Kauf. Das belegen die Zahlen, die der deutsche Jagdverband in zwei Studien über die vergangenen 30 Jahre ausgewertet hat. Und das bestätigt auch Kreisjägermeister Jürgen Ziegler für die 1078 Mitglieder zählende Kreisjägerschaft Hameln-Pyrmont. Seine Stellvertreterin Silke Baum ist der beste Beweis. Sie bereitet ehrenamtliche alle Prüfungen vor und ist Expertin bei der Trichinenprobeentnahme.

Ende März 2020 gab es 397 414 Jägerinnen und Jäger in Deutschland. Das sind knapp 8900 mehr als im Jahr zuvor und 75 700 mehr als vor 30 Jahren. Nach NRW mit 92 074 Inhabern eines Jagdscheines folgt Niedersachsen mit 60 000 Mitgliedern. Knapp ein Viertel von ihnen sind laut Deutschem Jagdverband mittlerweile Frauen. Das sind bundesweit derzeit sieben Prozent. Vom 14-jährigen Schüler bis zum 82-jährigen Rentner treffen sich alle Generationen in den Kursen zur Jagdscheinprüfung. Der Altersdurchschnitt liegt bei 35 Jahren. Mehr als 70 Prozent der Anwärter leben im ländlichen Raum.

„Derzeit lernen die Anwärter die Theorie über Videokonferenzen“, berichtet Ziegler. Sechs Prüfungen mit insgesamt 148 Teilnehmern hat die Kreisjägerschaft Hameln-Pyrmont im vergangenen Jahr abgenommen. Und darunter waren 30 Frauen. Viele Jugendliche (58), aber auch Berufstätige, nutzen das Angebot im Jagdschloss Springe, über drei Wochen in den Sommerferien die Ausbildung zu machen. Angeboten wird für Berufstätige auch eine Abendschule von 19 bis 22 Uhr, „das ist allerdings auch sehr anstrengend“, wie Ziegler berichtet. In Niedersachsen sei die Jagdscheinprüfung verpflichtend, nicht die Ausbildung. Im April 2020 sei die Prüfung Corona bedingt ausgefallen, sie wurde im Dezember nachgeholt. Das ging dort in den großen Scheunen in Springe mit Abstand und Maske, sowie in frischer Luft. „Die Prüfungen konnten gerade noch stattfinden, bevor der Lockdown einsetzte“, so Ziegler.

Vom Elektrotechniker über den Bürokaufmann bis hin zum Arzt sitzen nahezu alle Berufsgruppen in den Vorbereitungskursen. Die größte Gruppe stellen die Dienstleistungsberufe mit 17 Prozent, darunter Erzieher, Friseure, Krankenschwestern und Lehrer. Schüler und Studenten bilden 14 Prozent.

Die Nähe zur Natur ist der wichtigste Grund

Ihre Motive: Sie sind gern in der Natur, sagen 77 Prozent der Befragten, mehr als die Hälfte will Jäger werden, um einen Beitrag zum angewandten Naturschutz zu leisten. Für Frauen steht Wildbret für den Eigenbedarf auf Platz 3 der Motive. 36 Prozent wollen die Jagdhundeausbildung absolvieren, ein typisch weibliches Motiv, denn diesen Grund geben nur 12 Prozent der Männer an.

Das Interesse an der Natur, am Erhalt der Arten sowie den Erhalt gesunder Wälder im fairen Miteinander von Pflanzen und Tieren bis hin zum Seuchenschutz eint 75 Prozent der Jagdscheinbesitzer, die ehrenamtlich in Vereinen arbeiten. Ihr Interesse gilt auch der aktuellen Novelle des Jagdgesetzes von 1976.