Hameln-Pyrmont (uk/ey). Was zahlreichen Hameln-Pyrmontern seit einiger Zeit im wahren Wortsinn voll auf den Sender geht, ist die Tatsache, dass sie über Kabel nicht mehr so viele Radiostationen hören können, wie sie möchten. Der NDR – fast komplett verschwunden. WDR, Radio Bremen und viele weitere bleiben ebenfalls stumm. Sogar bei solchen, die erst vor knapp zwei Jahren einen neuen Receiver kaufen mussten, der schon jetzt ein kostenpflichtiges Update erhalten muss, damit er funktioniert. Und alles, weil „da oben ein paar Satelliten verschoben worden sind“ (O-Ton eines Verbrauchers). So einfach ist es allerdings dann doch nicht.

Den Ärger trifft wie immer die Falschen. Da wäre zum Beispiel Jörg Schulz, Geschäftsführer vom Fachhändler Radio-Schulz in Afferde, der besagte Receiver damals verkaufte und sie jetzt gegen eine Pauschale in Höhe von 15 Euro updaten muss, wenn Kunden damit zum Fachgeschäft nach Afferde fahren.

„Wir wussten das selbst nicht bis wenige Tage vor der Umstellung. Den Fachhandel hatte keiner informiert“, sagt Jörg Schulz. Zwar sei kein „Run“ ausgebrochen, was beweise, dass viele Nutzer Radio immer noch über UKW-Antenne hören, „aber eigentlich vergeht kaum ein Tag, an dem nicht wenigstens ein Kunde wegen dieser Sache zu uns kommt“. Am Satellitenhimmel „sei herumgeschraubt“ worden. Die Folge: Die Frequenzerweiterung beziehungsweise -veränderung müsse in den Endgeräten nun programmiert werden. „Bis wir das herausgefunden hatten, war ein bisschen Zeit vergangen“, sagt Jörg Schulz. Kurios: Es kommt aufs Endgerät an. Während die einen sich mit einem erneuten Sendersuchlauf neu von selbst einstellen und ergo kein Fachmann hinzugezogen werden muss, funktioniert dies bei anderen nicht so. Sendersuchlauf starten? Ja, haben viele Nutzerinnen und Nutzer versucht und können ihre Wundersender dennoch nicht hören.

Aber was war überhaupt geschehen? Rückblick: In den Mittagsstunden des 14. Dezember waren viele Radios plötzlich still. Zumindest dort, wo Programme der ARD-Sender über Kabel oder Satellit empfangen werden. „Kein Signal“ stand auf den Displays, das über die Sendung oder den gerade gehörten Titel informiert. Ansonsten gaben NDR & Co. keinen Mucks mehr von sich. Grund: Die ARD-Anstalten haben ihre Radio-Frequenzen umgestellt. Wer weiterhin hören wollte, musste meistens handeln.

Die ARD-Hörfunkprogramme werden jetzt im modernen Audioformat AAC-LC (Advanced Audio Codec – Low Complexity) verbreitet. Grund: Um Kosten zu sparen, ließ die ARD den Mietvertrag für die Satelliten zum Ende dieses Jahres auslaufen, über den sie bisher ihre Radioprogramme ausgestrahlt hatte, und nutzt stattdessen angemietete TV-Satelliten. Doch je mehr Daten übertragen werden, umso teurer ist das. Das neue Audioformat benötige bei gleicher Klangqualität weniger Datenrate, heißt es dazu bei der ARD. Übrigens sind das Deutschlandradio und die Privatsender nicht betroffen. „Radio aktiv“ oder „Radio ffn“ zum Beispiel waren und sind weiterhin unverändert per Kabelempfang zu hören. Zwar empfangen nur rund zwei Prozent der Radiohörer in Deutschland Hörfunk über Kabel oder Satellit, aber das sind immer noch mehrere Hunderttausend Menschen.

Private und „Radio Aktiv“ sind nicht betroffen

Bereits seit dem 20. Juli 2021 wird das umfangreiche Hörfunkangebot der ARD über ASTRA 19,2° Ost auf den Satelliten-Transpondern 39 und 61 verbreitet. Auf Transponder 39 starten die ARD-Hörfunkprogramme des BR, NDR, RB, SR, SWR, WDR und auf Transponder 61 die Hörfunkprogramme von HR, MDR, RBB. Vodafone Deutschland speist die ARD-Hörfunkprogramme bereits seit dem 16. November vergangenen Jahres in sein Kabel-Glasfasernetz. Endgültig wurde das bisherigen Hörfunkangebots über den Transponder 93 zum 14. Dezember beendet.

Moderne Kabel-Receiver wie beispielsweise die GigaTV- oder Horizon-Set-Top-Boxen unterstützen den neuen Audiostandard. Der Audiostandard AAC-LC ist mittlerweile Bestandteil des DVB-S2-Standards und wird laut ARD-Angaben von allen seit etwa 2012 im Markt erhältlichen, standardkonformen Empfängern unterstützt. Ältere Receiver müssen ausgetauscht werden.
Sie nutzen eine Satellitenschüssel? Bei neuen Geräten aktualisieren diese Empfänger die Senderliste selbstständig. Wenn nicht, dann ist ein automatischer oder manueller Sendersuchlauf notwendig. Für ältere oder kostengünstigere Geräte ohne DVB-S2-Empfänger bieten etliche Hersteller Software-Updates an. In Mietshäusern, in denen das Satellitensignal in ein Kabelsignal umgewandelt wird, ist die Hausverwaltung bei der Umstellung in der Pflicht.

Sie empfangen Fernsehen und Radio per Kabel? Kabelanbieter wie Vodafone Deutschland nutzen das Satellitensignal, um ihre Programme in ihr Netz einzuspeisen. Die Kunden sind darauf angewiesen, dass die Betreiber die ARD-Radioprogramme auf das neue Audioformat umstellen, denn einen Anspruch darauf haben sie nicht. Allerdings haben laut ARD alle wichtigen Kabelanbieter diesen Schritt vollzogen.

Für den Empfang der TV-Sender ist in der Regel übrigens kein neuer Sendersuchlauf notwendig. Das soll angeblich zwar auch für die ARD-Radioprogramme gelten, ist aber nicht in jedem Fall so. Ein manueller Suchlauf empfiehlt sich auf jeden Fall. Für Bemondis-Receiver, die Kunden von Vodafone erhalten haben, hat das Unternehmen nach eigener Auskunft ein Software-Update bereitgestellt.

Alles über Empfang, Geräte, Programme, ARD Digital und Digitales Fernsehen der ARD finden Interessierte im Internet unter: www.ard-digital.de/empfang/hoerfunk-per-satellit