Hameln-Pyrmont (ul). Ist eine frühe Erkennung von Sars-Covid-2-Viren aufgrund von Abwasseruntersuchungen als möglicher Frühindikator für einen Anstieg der Pandemie nutzbar? Experten sind sich sicher: Ja, das funktioniert! Beispiele gab es aus den Niederlanden und aus einem Forschungsverbund in Dresden. Der Leiter der Abwasserbetriebe Weserbergland, Ralf Wilde, war schon vor einem Jahr sehr daran interessiert, auch hier derartige Wasserproben zu entnehmen, sofern die möglichen wissenschaftlichen und finanziellen Angebote an so einer Beteiligung vorliegen. Nun ist es so weit.

Ralf Wilde bestätigt, dass sich die Abwasserbetriebe Weserbergland an einer Ausschreibung beteiligen, zu der sie schriftlich angefragt worden sind. Bis zum 10. Dezember musste das Interesse schriftlich bekundet werden. Es handelt sich um ein Bewerbungsverfahren für bundesweit 20 Pilotstandorte im Projekt „Systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser“. Bundesumwelt- und gesundheitsministerium sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung treiben seit Ende März 2021 die Umsetzung der Empfehlung der EU-Kommission federführend an. Die EU-Kommission hatte den Mitgliedsstaaten am 17. März 2021 empfohlen, ein Monitoring von SARS-CoV-2 im Abwasser zu etablieren, um die Verbreitung von Coronaviren frühzeitiger zu erkennen.

Für das Modellvorhaben fließen EU-Mittel

Zur Umsetzung werden zunächst in einem Modellvorhaben ab dem Jahr 2022 durch die Bundesregierung mithilfe von EU-Mitteln kommunale Pilotstandorte gefördert. Wie Ralf Wilde bestätigt, wartet er nun auf das Ergebnis der Hamelner Bewerbung. „Wir würden gern daran teilnehmen, wir können das Auswahlverfahren nicht unter Druck setzen, sondern müssen abwarten. Wir haben aber großes Interesse und haben dies mit der Bewerbung bekundet.“

Im Rahmen des Projekts „Systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser“ soll in Zusammenarbeit mit Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen ein gemeinsamer Ansatz zu einer möglichen Einführung einer systematischen Überwachung von SARS- CoV-2 und seinen Varianten im Abwasser erarbeitet werden. Vorgesehen sind während der Pilotphase zwei Probenahmen pro Woche. Anhand des Pilotbetriebes soll die praktische Umsetzung des Abwassermonitorings erprobt werden, um frühzeitige zunehmende und abnehmende Trends der Coronavirus-Pandemie in der Bevölkerung sowie auch die Verbreitung neuer Varianten von SARS-CoV-2 zu erkennen. Die Auswahl der Pilotstandorte erfolgt durch eine Steuerungsgruppe auf Bundesebene. Den Bewerbern wird das Ergebnis des Auswahlverfahrens mitgeteilt.

Übrigens: Die Abwasserbetriebe der Region Hannover sind schon einen Schritt weiter, wie der Pressesprecher aus dem Büro des Oberbürgermeisters, Dennis Dix, auf Nachfrage bestätigt. Er schreibt: „Die Stadtentwässerung Hannover führt in Abstimmung und mit Unterstützung des niedersächsischen Umweltministeriums ein Pilotprojekt zur Abwasseruntersuchung auf Coronaviren kombiniert mit einer Abbildung in einem Monitoringsystem zur Pandemiebekämpfung durch. Dabei werden die Klärwerkszuläufe der beiden Großklärwerke der Landeshauptstadt Hannover und sechs Messpunkte im Kanalnetz des Stadtgebietes auf das Coronavirus Sars-CoV-2 untersucht, um diese ins Verhältnis zu Infektionszahlen zu setzen.

Anhand der Proben im Kanalnetz könnten auch örtliche Trends im Stadtgebiet erkannt und damit mögliche Hotspots identifiziert werden, um gegebenenfalls gezielte Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens zu ermöglichen. Zusätzlich dient das Projekt der Sammlung grundsätzlicher Informationen zur Etablierung eines solchen Messsystems. Die Stadtentwässerung Hannover hatte bereits zuvor 2020 wie andere Städte an einem Gemeinschaftsprojekt der TU Dresden/UFZ Helmholtz/DWA zum Sars-CoV-2-Abwassermonitoring teilgenommen.“

Nachweise im Abwasser deutlich angestiegen

Mit der Erhöhung der Infektionszahlen seien die Nachweiszahlen im Abwasser deutlich angestiegen. Nach den bisherigen Daten funktioniere die Verfolgung der Infektionen gut. So konnten frühzeitig Hinweise auf eine bevorstehende nächste Welle der Coronainfektionen gegeben werden. Die Untersuchungen des Abwassers habe zwei große Vorteile: Erstens könnten Erkenntnisse bis zu zehn Tagen früher als üblich gezogen werden und so als Frühwarnsystem auf Trends hinweisen. Und zweitens könnten durch die Ergebnisse aus dem Abwassermonitoring Aussagen zum aktuellen Infektionsgeschehen getroffen werden, auch, wenn keine flächendeckenden Testungen durchgeführt werden.