Mit majestätischem Stolz setzt „Lord of the street“ den Schlusspunkt des 1997er Albums „Junction Seven“. Erhoben das Haupt, den Blick lässig-cool in die Umgebung greifend, so stelle ich mir vor, dass Lord Steve Winwood von kühler Erhabenheit durchdrungen die Straße entlangflaniert, von der im Titel die Rede ist. Ein eleganter, schwarzer Gehrock umweht seine schlanken Beine, der Zylinder sitzt wie angetackert, und der Spazierstock mit vergoldetem Griff ist reine Show. – Wer weiß schon, was Musik in uns weckt, die Wege des Beats sind unergründlich. Bei „Lord of the street“ überkommt mich jedenfalls das Gefühl, hier wandere ein Lebenskünstler mit leicht blasierter Attitüde über das Trottoir, um der Welt zu zeigen, dass er sie nicht braucht, sie aber ihn.

Die fleischige Hammond-Orgel schmiert den Song wie Motoröl ’nen Zwölfzylinder, gleich von Beginn an fließt sie mit jedem Ton in alle Fasern der Harmonie, während die Rhythmus-Gitarre stet und stark den Weg bis zum Horizont vorzugeben scheint. All diese Instrumente gespielt vom Meister persönlich, dessen Stimme, tief und schwer wie eine edle Cuvée aus Bordeaux, das Topping eines energetischen Songs ist, der bis zum Ende fesselt. Kennern und Fans des Briten dürfte es seltsam vorkommen, dass ich aus seinem reichhaltig mit Funkelsternen wie „Roll with it“, „Can’t find my way home“ oder „Higher Love“ gespickten Songbook den „Lord“ aufgetrieben habe.

Nie Single gewesen, nie Hit – aber darum geht’s nicht im Geringsten. Es ist das markante Gepräge in Vollkommenheit, das diese Nummer nahezu hymnisch erscheinen lässt. Das Clavinet seidenweich eingeflochten, Piano tröpfelt wie Lebenskraft in die unterkühlte Seele der Melodie und wird als Solo im Mittelteil zum warmen Schauer. Drums, vom großen Narada Michael Walden live gespielt und zusätzlich als Programming aus dem Computer gedroschen, schlagen genau dort ein, wo sie müssen, während Walfredo Reyes jr. Percussion zum Niederknien spielt, wie er es schon oft in Diensten Steve Winwoods tat. Ergo: ein Track, der in einem Höchstmaß an Eleganz zu uns Tanzende gelangt, die getreu eines hochmütigen Blaublüters ein bisschen eisig die Unterlippe schürzen. Weil wir die Welt nicht brauchen, sie aber uns.

Oh, I can’t get enough of it,
let me dance for you.
When I start movin‘
you’ll be dancing too.
You and I gonna rock together, our hearts are burning.