Von Jens F. Meyer

New York sucht einen Rattenfänger. Ich habe große Bedenken, dass Big Apple unseren Hamelner Pfeiffer mit drei f abwirbt. Er ist Amerikaner. Zumal: Die Stadtverwaltung schreibt die Stelle als „Direktor für die Eindämmung von Nagetieren“ aus. Klingt hochgestochen, ist und bleibt aber im Grunde trotzdem: Rattenfänger! Im Deutschen bringen wir‘s halt auf den Punkt. Punkt.

Andererseits heißen wir Gäste aus nah und fern immer noch in „Fremdenzimmern“ willkommen. Und Roséwein heißt „Weißherbst“. Weiß nicht, warum. Es ist ein Unterschied, ob man sich in einem Fremdenzimmer einmietet und bei einem Weißherbst in der Kneipe sitzt, anstatt Gewissheit darüber zu besitzen, ein Chambre d‘hôte bezogen zu haben und Rosé zu schlürfen. Glauben Sie mir das, da kenne ich mich aus.

Zurück zum Rattenfänger. New York sucht einen, der „etwas blutrünstig und entschlossen ist, alle Lösungen von verschiedenen Blickwinkeln auszuloten“. Wer sich angesprochen fühlt, möge sich melden. Aber hat New York das Renommee Hamelns? Kann die Stadt, die niemals schläft, einer Stadt, die sehr oft schläft, hier das Wasser reichen? Kann sie nicht, ich bin mir sicher. Vergiss also diese billige Masche, New York, Du tumbes Nest. Wir Hamelner würden ja auch nicht versuchen, Robin Hood aus Sherwood Forest in den Klütwald zu locken.

Die New Yorker stellen ihrem Antinagetierdirektor ein Jahresgehalt in Höhe bis 170 000 Dollar in Aussicht! Nützt nix. „Rattenfänger von New York“ klingt nur wie Fremdenzimmer und Weißherbst. „Rattenfänger von Hameln“ ist der einzig Wahre