Von Jens F. Meyer

Dünnes Eis, ich wage mich dennoch drauf, obwohl natürlich die Gefahr besteht, dass Deutschlehrer im Ruhestand über mich herfallen. Was mich beschäftigt, ist Folgendes: Das Wort „erinnern“ ist ein reflexives Verb. Will sagen: Ich erinnere mich, dass ich das in der Schule so gelernt habe. Will aber nicht sagen: Ich erinnere, dass ich das in der Schule so gelernt habe.

Nun hat bei vielen, selbst bei bekannten Dauerplauderern in einschlägigen Fernsehsendungen, die es besser wissen müssten, scheinbar ein antireflexiver Blitz ins Sprachzentrum eingeschlagen und das notwendige Reflexivpronomen komplett abgefackelt. Wenn‘s ansteckend ist, fürchte ich um weitere Verluste. Man freut sich also in Zukunft nicht mehr, man freut nur noch. Man ärgert sich auch nicht mehr, man ärgert nur noch. Im Falle der Reflexivproblematik zum Beispiel mich. Mist.

Und so geht’s also weiter: Ich erkälte. Du schämst. Er, sie, es verirrt. Wir wundern. Ihr bedankt. Und sie regen. Das ist ein ernsthaftes Problem, darüber rege ich mich. Also: Ich rege mich auf und werde mir Mühe geben, mich auch weiterhin daran zu erinnern, dass ich mich darauf konzentrieren muss, mich zu kümmern, mich vor der schönen Sprache zu verbeugen. Und ich weigere mich, mich beim Erinnern nicht reflexiv zu verhalten. Dieser Satz nun in der modernen Variante: Ich rege mich und werde Mühe geben, auch weiterhin daran zu erinnern, dass ich darauf konzentrieren muss, zu kümmern, vor der schönen Sprache zu verbeugen. Und ich weigere, beim Erinnern nicht reflexiv zu verhalten.

Hä?