Hameln-Pyrmont (ey). Normalerweise ist das sommers so: An Hitzetagen fragen die Menschen im Fachhandel nach kühlenden Geräten und Ventilatoren. In diesem Sommer ist alles anders: Die Angst vor einem kalten Winter ohne Gas lässt die Nachfrage nach Infrarotheizungen, Heizlüftern und Radiatoren sprunghaft ansteigen! Die Folge sind Engpässe. Mancher Fachhändler kann gerade nicht liefern …

„Wir wissen auch nicht, wann die nächsten Geräte kommen. Verrückte Zeiten“, sagt Wilhelm Bergmann, dessen Hamelner Elektroinstallations-Fachbetrieb wie alle anderen dieser Branche noch ganz andere Probleme zu wuppen haben. Stichwort: Materialknappheit. „Bisweilen fehlt nur ein einziges Teil in einem bereits montierten Zählerschrank, ohne dass die ganze Chose aber nicht funktioniert. Wann dieses fehlende Teil dann kommt, ist ungewiss. Kann uns nicht mal der Großhandel sagen“, so Wilhelm Bergmann schulterzuckend.

Die Folge: ein höherer Beratungsbedarf im Vergleich zu früher. „Wir halten unsere Kunden ständig auf dem Laufenden. Wir können verstehen, dass sie unruhig werden, vor allem solche, die auf einer Baustelle sitzen und fertig werden wollen. Wir gehen echt an unsere Grenzen, aber wo selbst der Großhandel uns nicht sicher sagen kann, wann was geliefert wird, weil Container in chinesischen oder auch europäischen Häfen nicht gelöscht werden, dann sind das extreme Probleme“, führt Jörg Schulz an. Der Geschäftsführer des Fachbetriebs Radio Schulz aus Afferde ist mit dieser Situation ohne Zweifel genauso unzufrieden wie viele Kollegen und Kunden. Beispiel: Solarspeicher. Das Radio-Schulz-Team installiert Photovoltaikanlagen zur Erzeugung von Strom aus Sonne, aber es fehlt an Wechselrichtern, die über den Großhandel von irgendwoher kommen – beziehungsweise gerade nicht kommen, das ist ja das Problem! „Es gibt Anlagen, da ist alles vorhanden, nur die Wechselrichter fehlen, sodass sie nicht arbeiten kann.“ Perspektive: vielleicht in zwei Monaten, vielleicht in drei, vielleicht irgendwann. Bitter.

Dass unter diesen Umständen die Ungeduld bei Auftraggebern, Bauherren, Modernisierern leicht in Ärger umschlagen, ist logisch. Allerdings haben die allermeisten großes Verständnis. Nicht nur Schulz und Bergmann bestätigen den freundlichen Umgang, sondern auch Sascha Ottolin, Geschäftsführer der Pytron Elektro GmbH & Co. KG aus Lügde. „Es ist eben zurzeit ein stark begrenzter Markt, das wissen alle und geben dem Einzelhandel dafür auch nicht die Schuld. Wir selbst halten die Kunden bei Laune, indem wir den Kontakt halten“, sagt er. Wartende würden zwischendurch angerufen und auf den neuesten Stand gebracht werden. „Es ist ja leider so, dass wir als ausführende Betriebe vor Ort nichts dafür können. Wir erhalten von den Lieferanten mittlerweile so gut wie keine verlässlichen Informationen mehr, was für uns natürlich unheimlich schwierig ist, denn unsere Kunden wollen ja schon wissen, woran sie sind“, so Ottolin weiter. Aber wo es an entscheidenden Komponenten fehle, könne man eben nichts selbst zaubern.

Und vor allem: Zertifizierte Waren müssen es sein, kein Billigkram aus Hinterhofwerkstätten. Und da spielt dann sogar noch die Flutkatastrophe in Deutschland vom vergangenen Jahr eine Rolle. Laut Wilhelm Bergmann sei dort von den Fluten eine Firma mitgerissen worden, die zertifizierte Klemmen für Zählerschränke und dergleichen hergestellt hatte. Firma weg, Klemmen auch. Bergmann, ein alter Hase in der Branche, bringt‘s sicher für alle Kollegen aus der Elektrobranche auf den Punkt: „Da kann man doch verrückt werden.“