Schon die ersten Sekunden packend: tiefstes Gefühl bittersüßer Qual, intensiv intoniert, fast schüchtern dargeboten, mit filigranem Spiel. Ein paar schwingende Saiten, fragil wirkende Fingerübungen auf der Klaviatur, spartanisch die begleitende Trommel – aber unermesslich die Wirkung des instrumentalen Plots. Das Flair zum Schneiden schwer, wie die Bürde, von der Eric Clapton hier auf seinem in alle Ewigkeit nachklingenden 1992er Unplugged-Live-Album singt, singt für Millionen, Milliarden, unzählige bis ins Mark Getroffene, bei denen die alte Flamme unauslöschliche Funken sprüht. „Old love“, ein U-Boot im Ozean der Verzweifelten und unglücklich (Wieder-)Verliebten, deren Wunden nicht verheilen wollen.

Eine Komposition, die das Selbstmitleid wie eine Fackel der Sehnsucht in schwärzester Stunde brennen lässt. Die, denen das Gefühl fremd ist, können sich zumindest hineinversetzen in die Situation. So gut ist das Lied hier, dass wir alle, auch die, die nichts zu leiden hätten, leise gerne mitleiden.

Old love
leave me alone
Old love
Just go on home!

Was „Old love“ aber vor allem ist: ein Vollblutblues. Blaue Stunde für alle, die sich gerne zurücklehnen in gefühlskalten Zeiten, um sich eine warme Melodie wie einen Schal umzulegen. In diese Rotweinstundenstimmung zaubert Clapton ein bald hundertsekündiges Solo auf der Akustischen so glühend hinein, als wolle er als musikalischer Seelsorger verstanden werden. Maestro wird Messias. Ein zweites Solo folgt; wie Septemberregen lässt Chuck Leavell sein Pianospiel in die tragisch-traurige Ballade vom gebrochenen Herzen fallen und bringt das Publikum zum Zwischenapplaus. Jeder Ton hier, jede funkelnde Sekunde, ist live, ist prächtig, ist vehementes Engagement.

Am 16. Januar 1992 wurde das Unplugged-Album in Bray nahe Windsor aufgenommen, verkaufte sich über 26 Millionen Mal, wurde mit sechs Grammys ausgezeichnet und ist Claptons erfolgreichster Wurf. Hoch angesehene Musiker wie Andy Fairweather Low (Gitarre), Nathan East (Bass) und eben Piano-Chucky machten jeden Moment zu einer fantastischen Erfahrung.

„Old love“ strahlt nicht einzig allein in diesem Songbook, leuchtet aber deutlich hervor. Weil gewieftes Songwriting der fruchtbarste Boden aller musikalischen Gelüste sein dürfte, hat neben Clapton folglich auch Robert Cray als Mitkomponist seinen Anteil an diesem Denkmal – obgleich der US-amerikanische Ausnahmebluesmusiker bei der Live-Aufnahme nicht dabei war, sondern nur für die Studioversion im „Journeyman“-Album (1989) sich ’ne Klampfe schnappte. Kommt nicht im Geringsten an die fast stromlose Live-Performance heran, denn die wirkt nicht einstudiert (was sie natürlich dennoch ist), sondern zeitweilig wie eine Session unter Freunden.