„I’m tore down“, 1961er Supernummer des wahnsinnig guten Bluesmusikers Freddie King, toppen zu wollen, nein, das hatte Gary Moore nicht vor. Er griff sich das höllenheiße Teil, um es mit eigenem Stempel zu versehen. Nicht am Denkmal rütteln, sondern zu Ehren Kings eines bauen, das ist Moore bestens gelungen. Oben im Himmel spielen sie nun gemeinsam, rocken den Olymp, und meine Gänsehaut will kein Ende nehmen.

Aus zweifünfundvierzig werden hier über sechs Flammen werfende Minuten, in denen Good Gary seiner Gibson Magisches entlockt und dazu singt, als habe er rostige Nägel mit Whisky zum Frühstück verschluckt. Ein Song wie Gewittersturm: Er blitzt und flackert, aufbegehrend gegen die Dämonen tief unten, laut und aggressiv. Aus Blues wird metallischer Bluesrock. Moores Saitenexplosionen, auf sonorer Basslinie wie auf Schienen begleitet, von draller Orgel umschwärmt und mit fettem Schlagzeug durchstoßen, machen mit mir, was sie wollen.

Ich bin dem Sound hilflos ausgeliefert, drehe die Regler bis zum Anschlag und fühle mich so überhaupt nicht „tore down“ (übersetzt: zerrissen, niedergeschlagen). Ein Übersong, ein Kraftikus, den der Nordire schon Anfang der Neunziger live in Montreux spielte, aber niemals als Studioversion auf ein Album pressen ließ. Bis acht Jahre nach seinem Tod jemand diesen bis 2019 unveröffentlichen Feuerzauber irgendwo zwischen Suppe und Kartoffeln fand. Weitere Songs tauchten auf; es entstand das Album „How blue can you get“. Ich appelliere an alle Freunde, Produzenten und Wegbegleiter Moores, weiterzusuchen. Wer weiß, was da noch so herumliegt!