Ein Husarenstück, ein Ritt auf der Rasierklinge! Wer‘s wagt, „You upset me baby“, glänzendes 1954er Goldnugget aus der Feder des damals jungen B.B. King und dreier Mitstreiter (Joe Josea, Jules Taub, Maxwell Davis), mit fettem Bläser-Arrangement und massiver E-Klampfe auf links zu drehen, schießt mutig Fontänen der Freude in uns hinein.

Nach guter, alter Gary-Sitte erhebt sich aus klassischem Blues ein hyperstabiles Stück Popkultur, das die Gene aus Hardrock, Blues, Jazz und Big-Band-Sound in gleichen Teilen so kraftvoll offenbart, als wolle es Häuser zum Einstürzen bringen. Als Abbruchbirne dient es freilich nicht, dennoch hebt das Dach ab, wackeln die Wände, klirren die Sektschalen im Schrank, wenn für Moores meisterhafte Umsetzung dieses Klassikers der Lautstärkeregler bis zum Anschlag gedreht wird.

Mann, was für ein Wahnsinnsteil, welch ein Hohelied auf die Kunst der Transformation. Dem Song nicht die Seele nehmen, dem Fluss der Harmonie nicht das Wasser abgraben, sondern dem Urheber zur Ehre gereichen, indem das alte Feuer mit neuem Scheite gefüttert wird, anstatt es zu löschen, das ist eine fabelhafte Sache. Und sein Namen ist Moore, Gary Moore, der das so hinkriegt wie kein anderer. Denn wo der robuste Sound wie ein Tattoo in meine Seele getackert wird, wo die Spielfreude des Künstlers den grauen Tag mit Sonnenlicht flutet, ja dort, wo Stärke und Leidenschaft die Liaison mit empfindsamem Saitenspiel gar nicht meiden wollen, sondern die Auseinandersetzung suchen, vermag ein Song die Welt retten zu können, und sei’s nur für einen kurzen Augenblick.

Leute, tanzt, tanzt, als ob es kein Morgen gäbe; es wird Weihnachten, es kommt Silvester, und das neue Jahr möge sich mit Glück und Gesundheit füllen. Was wir dazu brauchen, ist Zuversicht. „You upset me baby“ knetert sie mit abgrundtief wummernder Basslinie und einer beatbombenden Leidenschaft heraus, dass es eine Freude ist. Wow, Gary, wenn Du dort oben im Himmel diese Worte zu vernehmen in der Lage bist, dann schicke ich hier und heute für diese tollkühne Songrakete ein wahrlich ernst gemeintes Dankeschön hinauf. Und tanze ganz erdverbunden, bis das Parkett in Flammen steht. Frohes Fest!