Are you ready for some Blues? Nach all dem Gestichel gegen meinen Kollegen Jens Meyer muss ich ihm heute tatsächlich mal danken: Er hat mich zu dieser grandiosen Künstlerin gebracht – und weiß es nicht mal! Nun wird ihm gleich (vielleicht) ein Licht aufgehen…

Vor einigen Tagen drückte er mir drei alte ausgelesene Rock-Magazine in die Hand mit dem liebreizenden Kommentar: „Hier, willste haben? Ich schmeiß die sonst weg.“ Da es sich bei einer Ausgabe um ein „Classic Rock“-Heft handelte, das auf dem Cover eine Metallica-Story ankündigte, musste ich nicht lange überlegen. Die Story war dann auch sehr informativ – auch nach fast 30 Jahren Fan-Dasein habe ich noch mir Unbekanntes über meine Lieblingsband erfahren -, aber auch viele andere Artikel erregten meine Aufmerksamkeit; es gab sogar eine Country-Rubrik und eine für CD-Vorstellungen. Beim Durchblättern, Lesen und Verweilen blieb mein Blick dann auf Seite 68 hängen: „Hart Herzlich“ lautete die Überschrift über ein Feature über Beth Hart, dazu gab’s eine volle Seite mit dem Konterfei dieser Lady – sitzend auf einem Barhocker, scheinbar die Seele aus dem Leib singend, in Netzstrumpfhose und reichlich tätowiert. Ich dachte mir: Das könnte interessant sein – und verschlang den Artikel.

Sofort in die Songs eingetaucht

Was für ein bewegtes Leben! Was für eine Künstlerin! Ich musste daraufhin einfach in einige Songs reinhören und fand mich sogleich bei youtube wieder. Und dann passierte das, was nur alle paar Jahre mal geschieht: BÄM.

Der Song „Fire on the Floor“ hatte mich gleich im ersten Takt. Blues-Rock mit einer rauchigen, dunklen Stimme – welch Talent war mir bloß entgangen? Diese Nummer konnte und kann ich regelrecht fühlen. Träge schleppt sich die erste Strophe dahin, bis sie sich in den Refrain steigert: Love is like fire on the floor – it’s got me running to he door – wie stark! Da singt eine Frau voller Inbrunst, singt sich den ganzen Schmerz und die Leidenschaft von der Seele. Dazu eine so wunderbar seufzende Gitarre, eine Orgel, die zuletzt in den 70er-Jahren erklungen sein muss, ein sanft gespieltes Klavier – und alles endet in einem Crescendo, als würde ein Tornado über den Hörer hinwegfegen. Keine Frage: Beth Hart ist meine Entdeckung 2020!

Dabei sollte sie mir eigentlich keine Unbekannte sein, hatte sie doch 2019 bereits einen Auftritt bei „Inas Nacht“, dem Latenight-Format mit Ina Müller, das so oft musikalische Geheimtipps liefert und regelmäßig auf meiner Agenda steht! Katzenjammer, Anna Depenbusch, Enno Bunger oder Elle King sind so bereits in meinen Boxen gelandet. Nun also Beth Hart. Die heute 46-Jährige hat wohl so einiges durch in ihrem Leben: eine gnadenlose Reihe von Traumata und Suchterkrankungen. Musik schien ihr dabei stets ein Fluchtpunkt; sie kredenzt Rock, Blues, Rockabilly, Grunge, arbeitete mit Jeff Beck oder Joe Bonamassa zusammen – erstmals bekannt wurde sie aber tatsächlich 1993 durch das Casting-Format „Star Search“, das sie zur besten Sängerin kürte. Doch statt großer Karriere stürzte sie ab. Wie gut, dass sie ihr heutiger Manager David Wolff 1994 entdeckte – der sie durch viele, viele schwere Jahre mit Drogenexzessen, bipolaren Störungen und noch einigem mehr führte, immer an ihrer Seite blieb und sie nie aufgab! Heute scheint Beth Hart geerdeter, reifer, selbstsicherer.

Wenn euch „Fire on the floor“ vom gleichnamigen (achten!) Studioalbum aus dem Jahre 2016 gefällt, dann verrate ich euch noch, dass Beth Hart im Dezember 2021 ein Konzert in Hannover gibt! Und ihr ahnt sicher, wer dafür Tickets hat…