So, Freunde, wer diese Nummer nicht kennt, hat nie gelebt. „Smoke on the water“ ist das Vermächtnis Deep Purples. Ungeachtet aller anderen Wahnsinnskompositionen der Hardrockpioniere vermag die 1972er Langhaarscheibe aus dem Album „Machine Head“ als höchster Turm über dem Soundschloss der Briten zu thronen, und obgleich wir nach all den Jahren doch endlich müde sein müssten, es zum tausendsten Mal zu hören, erhebt es sich immer wieder in purpurfarbener Robe als heiß blubbernde Erinnerung an erste Headbanging-Zeiten im Jugendhaus und wirbelt ungestüm den Staub der Historie beiseite, um neu und unverbraucht zu glühen. Tausendmal gehört, tausendmal is’ was passiert!

Die Magie erwächst aus einem sehr simplen Riff

Erstaunlich allemal, dass diese Magie mit einem Riff funktioniert, den selbst Klon Dolly mit ein bisschen Übung und Whisky im Kopp hinbiegen würde. Im Grunde benötigt man dafür nur zwei Finger und zwei Saiten. Aber die Kunst liegt ja nicht in der Ausübung, sondern in der Idee, und schon viele hinreißend aufwendig durchkomponierte Lieder zogen gegen die kerzengerade produzierten Nahezubanalitäten den Kürzeren. In der populären Musik kein Einzelfall.

Für das weltbekannte E-Riff dieser Hymne, oft das erste, was Gitarrenlehrer ihren Schülern beibringen, gilt erst recht, dass seine Simplizität in völligem Gegensatz zu ihrer Wirkung steht: Keine Soundlinie ist durchdringender als diese, kreiert von Ritchie Blackmore. Es mölmert dermaßen phosphoreszierend, dass wir mit geschlossenen Augen auf der Tanzfläche vermuten könnten, inmitten jenes Feuers zu stehen, um das es in diesem Song geht.

Denn der Rauch, den Ian Gillan mit belegter Stimme aus seiner Kehle Tiefe singend in Erinnerung bringt, ist jener, der sich in der Tat ganz real über dem Genfersee ausbreitete; mahnender Nebel eines Großfeuers, in dem das Casino von Montreux niederging. Deep Purple hielt sich zu jener Stunde in Montreux auf, um mithilfe eines mobilen Tonstudios, das die Gruppe von den Rolling Stones gemietet hatte, ihre neuen Songs dort einzuspielen. Die Schwaden, die über die Wasser zogen, die Flammen, die in den Nachthimmel züngelten, der Untergang eines Clubs, in dem sie spielen wollten – ihr größter Hit hat vermutlich auch psychotherapeutische Ansätze.

„Smoke on the water
A fire in the sky
Smoke on the water.“

Das Casino lag in Schutt und Asche, aber für uns Tanzende sind die Flammen dieser Mutter aller Hardrocktracks unauslöschlich. Das gilt weltweit. In den USA beispielsweise soll laut einer Umfrage nur die Nationalhymne noch bekannter sein. „Smoke on the water“ verkaufte sich als Single über zwölf Millionen Mal und ist nichts weniger als ein monumentales Monster, das zwar auf einem nahezu trivialen Gitarren(g)riff basieren mag, sich aber in der Abfolge als enorm kompakter, einflussreicher Song entwickelt, in dem sich die Musiker gegenseitig vorantreiben.

Knurrt Roger Glovers E-Bass also dräuend herauf, dann tut er das nicht einfach so, sondern wird zur perfekten Basis von Blackmores düsterem Gitarrensound. Und wo Jon Lord auf seiner verzerrten Hammond-Orgel die Finger senkt und hebt, gibt er diesem Rocksong eine Erdung, eine Seele fulminanten Ausmaßes. Alles greift ineinander über, nichts, nicht eine Sekunde ist vergebens. Es ist ein volles Brett höchster Musikalität. Und plötzlich wähnen wir uns wieder im Jugendraum, damals, beim Headbanging. Yeah!
Man müsste dem Vollidioten, der mit einer Signalpistole die Feuersbrunst ausgelöst hatte, fast noch dankbar sein.