Arif Mardin, legendärer Musikproduzent und Arrangeur, der zwölf Grammys abräumte und maßgeblich unter anderem an den großen Erfolgen Aretha Franklins beteiligt war, bezeichnete den Stil des britischen Duos Go West als „Modern Motown“. Peter Cox und Richard Drummie, weiß wie gekalkte Wände, muss Mardins Meinung aus den Tiefen schwarzer Soulmusik wie ein Ritterschlag vorgekommen sein. In der Tat aber hatte der Mastermind sehr treffend zum Ausdruck gebracht, dass die beiden Komponisten und Musiker weit über die Klassifizierung des lollibunten Achtzigerjahre-Pops in einer anderen Liga einzustufen seien. Wo stechende Bläsersätze smart geknüpfte Kompositionen wie mit kleinen Diamanten umketteln, verliert sich nicht die Leichtigkeit fröhlich-farbiger Beats, sondern schenkt ihnen weit mehr Tiefe, als jeder noch so teure Synthesizer es tun könnte – das haben Cox und Drummie in vielen ihrer Songs erreicht.

Es juckelt bis heute sehr passabel über‘n Plattenteller

Was die Go-Westler taten, das war teils von berückender Qualität und juckelt bis heute sehr passabel über‘n Plattenteller. Neben „We close our eyes“ oder „The king of wishful thinking“ (übrigens aus dem Soundtrack für den Film „Pretty Woman“ mit Julia Roberts) gilt „Faithful“ eindeutig als Masterpiece. Die ersten Sekunden machen deutlich, wie federnd es fortan vorangeht. Cox schnippt mit den Fingern, Percussions stimmen mit ein, und noch bevor das markante Raufasertimbre des Südengländers erklingt, der zwischenzeitlich sogar zwei Jahre für Manfred Man‘s Earthband ins Mikrofon jodelte, wieseln Saxofone und Trompeten umher, geben der Nummer Herz. Soul breitet sich aus, schlichter Pop ist das nicht, sondern ein Muntermacher mit Dimension.

I will be faithful
to my lover’s prayer.
Faithful and I don’t care
if the world around us
gives up on love,
I will make you see
you can count one me.
I will be faithful,
faithful to my lover’s prayer.

„Faithful“ heißt treu, und treu ist toll! Die Herzfrequenz des Go West-Klassikers, der Anfang der Neunzigerjahre aus den Boxen sauste, als Schulterpolster schon wieder verschwunden waren, dokumentiert vergnügte Betriebstemperatur, klingt sexy aufregend und ist up to date, als ob er gerade erst eingespielt worden wäre. Das Video dazu ist ’ne Show für sich, weil Cox tänzelt, als ob Hummeln in seiner Unterhose wohnen. Das seltsam hektische Bewegungsgebaren lässt die Achtziger durchschimmern. Ich find‘s super, weil es Leidenschaft für eine Sache definiert, die heute oft nur leidenschaftslos konsumiert wird: Musik.
Pop und Soul als deliziöses Bündnis: „Faithful“ bewahrt ein rosafarbenes Champagnerprickeln mit saftigem Refrain und cleverer Instrumentierung. Topping: der Backgroundchor schwarzer Soulsängerinnen, die die Mardin‘sche These vom modernen Motown noch stützen.