Luschiges Geschnubbel ist nicht ihr Metier: Wenn die drei Kiszka-Brüder mit ihrem Haudrauf Daniel Wagner die Luft in Scheiben schneiden, atomisieren sie jede Grenze in unseren Köpfen, ganz so, wie es der Rock ’n’ Roll zu tun pflegen sollte. Unter dem herrlichen Titel „The Battle at Garden’s Gate“ – weshalb denke ich an Led Zeps „Battle of Evermore“, ich weiß es nicht, es kommt mir einfach in den Sinn – wird dieses gewaltige Hundertprozentquartett aus Frankenmuth in Michigan (USA) im April seine neue Scheibe veröffentlichen. Ich werde mir ein Zelt kaufen, Schlafsack und Kocher, um vor dem Plattenladen zu übernachten; das muss gefeiert werden wie zu alter Zeit, als Downloads und Internet Zukunftsmusik waren und die allerheißesten Rillen es gar nicht bis in den Laden schafften, sondern gleich vom Wagen abverkauft wurden.

Ehrlich und unverfälscht
die Urkraft beschwörend

Als ich den Vorgänger „Anthem of the Peaceful Army“ zum ersten Mal hörte, war die Welt eine andere; es wirkte auf mich wie die Auferstehung Led Zeppelins in neuen Kleidern. Die Zweifler und Neider, die in einschlägigen Rockzeitschriften ihre Leserbriefe wie Giftpfeile auf Greta van Fleet schossen, weil diese Newcomer angeblich ein Abklatsch von Page, Plant und Co. seien, haben sich gottlob in ihren Löchern zurückgezogen. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die ehrliche, unverfälschte Rockmusik, diese wie schwimmendes Parkett auf dem festen Boden des Blues verankerte Urkraft, die zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts wie eine globale Umarmung dem blauen Planeten Freude brachte, die Welt besser machen kann. Gedanken aus Absurdistan haben da keinen Platz, und ehrlich: Jede gute Kopie von Led Zep wäre mir doch lieber als das auf wichtig gedrechselte Gerümpel von Mister und Misses Rumgeschwurbel, das meine Radiolautsprecher verstopft.

Und: Das hier ist keine Kopie, das ist neues Zeugs, das die alten Tugenden nutzt! Poetische, fantastische Zeilen ragen wie knospende Zweige aus dem frühlingshaften Geäst von „Age of man“, jener Nummer, die „Anthem of a Peaceful Army“ hymnisch eröffnet und die binnen sechs Minuten den Lenz zum Sommer aufblühen lässt. Selbst Goethe hätte vermutlich nichts dagegen einzuwenden gehabt, in seinen Briefen an Frau Stein, ich darf mal frei aus dem Englischen übersetzen, so etwa hier zu kritzeln:

In einem Zeitalter
der Dunkelheit erscheint Licht
Und es vertreibt die alten Ängste
Marschiert zur Hymne
des Herzens
Auf einen brandneuen Tag,
einen brandneuen Start.

Elementar ist Samuel Kiszkas Basslinie; sie braust und brodelt von Anbeginn aus der Tiefe hervor und bietet den anderen ein Feld, auf dem sie sich austoben können. Das Werk, wie ein bombastischer Einschlag mit pyroklastischer Folge. Stark verwurzelt im klassischen Genre, wild jubelnd zwischen Blues und Hardrock, fällt hier die Saat auf tiefgründigen Boden und gedeiht ausblendlos bis zum vollendeten Blütenfinale. Obwohl das instrumentale Spiel wie aus einem Guss klingt, kann der Gesang, den Joshua Kiszka darauf ausrollt, uneingeschränkt als die Bindung zwischen den Elementen bezeichnet werden. Sie ist wie Feuer, Wasser, Luft, und sie erdet selbst das Himmlische, das auf diese Weise nicht verborgen bleibt, sondern beim Zuhörenden als wärmender Schauer über den Rücken bis zur Festplatte aufsteigt, wo die Lampe hell brennt, um die Dunkelheit zu vertreiben.

In an age of darkness
light appears
And it wards away
the ancient fears
March to the anthem of the heart
To a brand new day,
a brand new start.