Weiterhin behalte ich die Ladys im Blick – zumindest, solange der Kollege nur seine männlichen Kumpanen in unserer Rubrik bedenkt! Eine Künstlerin, die nicht nur in der Musik jahrzehntelang von sich Reden gemacht hat, sondern vielmehr noch als politische Aktivistin in Erscheinung getreten ist und noch immer tut, ist Joan Baez. Jüngst hat der TV-Sender „arte“ erst wieder eine Dokumentation über das Leben dieser em- und sympathischen Frau ausgestrahlt – und sie fasziniert mich immer wieder!

Gerade in diesen Zeiten, in denen das Miteinander wieder in den Fokus gerückt werden sollte (auch wenn es bei dem ein oder anderen bis heute nicht angekommen zu sein scheint), haben wir mit Baez ein Vorbild, zu dem wir aufschauen und uns etwas abschauen können.

Doch hier geht es ja um die Musik, also hinfort mit dem Geschwafel über menschlichen Einsatz, Mut, Risiko, gewaltfreien Protest und her mit dem Song! Aber auch meine Wahl fällt auf eine – relativ neue – Nummer, die vor politischem Hintergrund zu betrachten ist. Sie stammt von Baez’s letztem Studioalbum „Whistle Down The Wind“ und heißt „The President Sang Amazing Grace“. Oder auch: Holt die Taschentücher raus!

Erst einmal dürfte klar sein, dass es sich in diesem Song nicht um den aktuellen US-Präsidenten dreht. Baez hat mehr als einmal deutlich gemacht, was sie von Donald Trump hält (zum Beispiel ließ sie sich vor einiger Zeit mit erhobenem Mittelfinger vor dem Trump Tower fotografieren). Geschrieben 2015 von Singer-Songwriter Zoe Mulford nach der Schießerei in einer Kirche in Charleston, South Carolina (der Mother Emanuel African Methodist Episcopal Church), am 17. Juni 2015, bei der neun Menschen von dem 21-jährigen Weißen Dylann Roof während einer Bibelstunde getötet wurden, war Joan Baez sofort Feuer und Flamme, als sie den Song im Radio hörte, und nahm eine eigene Version auf. Sie singt davon, wie der damalige US-Präsident Barack Obama während der Trauerfeier nach dem Attentat nicht nur die vielleicht bewegendste Rede seiner Amtszeit in besagter Kirche hielt, in der er den Rassismus deutlich verurteilte, sondern am Ende auch das wunderschöne Lied „Amazing Grace“ anstimmte, das Volkslied über die Gnade Gottes in schweren Zeiten, das schon den Sklaven in den USA Kraft und Hoffnung gab.

Ich weiß nicht, ob Sie, liebe Leser, diese Szene damals im Jahr 2015 in den Nachrichten verfolgt haben. Joan Baez lässt in ihrem Song „The President Sang Amazing Grace“ dieses eindrucksvolle Bild wieder aufleben. Dazu reichen ihr ihre unverwechselbare Stimme und ein Klavier, ab und an ein wenig Schlagwerk. Ganz simpel. Und doch so stark. Eins meiner Lieblingslieder auf ihrem 2018er-Album. Viel mehr gibt’s dazu gar nicht zu sagen – außer dass ich nach wie vor so dankbar bin, diese tolle Frau vor zwei Jahren live erlebt zu haben!