Unvermeidlich. Wer wie wir vom HALLO eine Sommer-Radio-Aktion startet und seit viereinhalb Jahren Woche für Woche verschiedenste Songs in der Hi(t)Story vorstellt, muss ja muss ja muss ja muss ja jetzt „Radio Ga Ga“ raushauen. Gefühlte zehntausendmal gehört, aber immer noch zum Durchdrehen mitreißend.

Diese bummbummbombastikknisternde Spannung, hervorgezaubert aus rollenden Synthesizereinschüben, die mit derselben Kraft, mit der die Viktoriafälle niedergehen, wie aus einer Parallelwelt ins Seele schubbernde Klangnetz tropfen, bleibt so präsent wie beim ersten Hören. Ein Bollwerk, getragen von Freddie Mercurys winterhimmelklarem Gesang, der uns die Brust öffnet, uns atmen lässt, damals wie heute.

Man spürt, wie er, der große Entertainer, dessen stimmlicher Wirbel zwischen Rock und Oper selbst hier, im klassischen Poprockgenre, unverkennbar ist, seine Arme ausbreitet, um uns zu empfangen, uns, die ihm lauschen wie die Jünger Jesu. Freddie Mercury ist unauslöschlicher Bestandteil des Soundtracks unseres Lebens und wird es bleiben auch für kommende Generationen.

We watch the shows,
we watch the stars
On videos for hours and hours.
We hardly need to use our ears
How music changes
through the years.

„The music changes“ über all die Jahre – aber Queens Fußabdruck ist der eines Dinosauriers. „Radio Ga Ga“, geschrieben vom Drummer der Band, Roger Taylor, wirkt als Opener des vorzüglichen Albums „The Works“ (1984) so befreiend wie ein Landeanflug auf Miami, wenn das Flugzeug durch die Wolken bricht und der Flieger einen Schwenk über die Everglades macht. Als wenn wir das türkisfarbene Wasser der Florida Keys dort unten mit dem Strohhalm unserer Seele trinken würden. Alles ist jetzt, nichts war und wird sein. „Radio Ga Ga“ wird nach wenigen Sekunden schon zur Hymne, weil Freddie Mercury mit geradezu heroischem Gesang das Hochgefühl auf Maximum bläst und die Band um ihn einen mitreißenden Job macht.

All we hear is radio ga ga
Radio goo goo
Radio ga ga
All we hear is radio ga ga
Radio blah blah
Radio, what’s new?
Radio, someone still loves you.

Mein Bruder Olli, ich vermute, dass er einer der größten Queen-Fans auf unserer blauen Wunderkugel ist, die leider doch viel blauer sein könnte, wenn wir ein bisschen mehr aufpassten, sehe ich als einen der größten Queen-Fans überhaupt. Mit ihm habe ich „Radio Ga Ga“ gehört, zigmal, immer und immer wieder.

Wir waren Kinder, Teenager, die so taten, als wenn sie Chefs eines Radiosenders wären. Den Monsterhit nahmen wir mit Radio-Kassettenrekordern auf; machten unsere eigene Hitparade, Woche für Woche, und natürlich gehörte „Radio Ga Ga“ am Ende des Jahres 1984 zu den Tophits.

Höre ich es heute, hat es nicht an seiner Wirkung verloren, nein, im Gegenteil bringt es mir ein Stück dieser Kindheit zurück, in der ich die Prächtigkeit dieser Musik wohl spürte, sie aber noch nicht in Worte zu fassen in der Lage war. Heute ist das anders, heute können die da im Radio – und auch auf Radio Aktiv – „Radio Ga Ga“ an jedem neuen Tag spielen, und ich werde nicht müde, mitzusingen, die Arme auszubreiten, Freddie zu sein.

Lese ich auch in „ga ga“ und „goo goo“ mehr Glyphen als Konkretes, bin ich dennoch glühend begeistert davon, wie sich ein Lied, das um die Welt rockt, trotzdem wie Heimat anfühlen kann. Deshalb bin ich echt voll gaga, freue mich auf die HALLO-Aktion und könnte mir vorstellen, mit Olli mal wieder ’ne Hitparade zu starten.