Neulich im Fernsehen: eine Dokumentation über den Glamrock. Dass David Bowie darin eine Rolle spielte, war klar, obwohl der Typ mit seinem „The Laughing Gnome“ die idiotischste Nummer performed hat, die ich in den unendlichen Weiten der populären Musik finden kann und die mich eines Tages dazu bringen wird, eine Reihe namens „Mieliaz“ (Abkürzung für: Mieseste Lieder aller Zeiten) zu schreiben. Der lachende Zwerg, lästiger Lümmel, der sich den Zipfel weichlacht und am Morgen mit einem Winzlingsbruder namens Fred auf der Bettkante Bowies herumfläzt, ist ein Grund dafür, weshalb ich selbst des Meisters gute Scheiben immer nur durchschnittlich fand. So, das mal vorneweg; die Fans dürfen mich gerne auf Facebook und Insta virtuell bespucken, es macht mir nichts, ich sag‘s dem Zwerg, er wird Euch heimsuchen. Ich krieg jetzt jedenfalls die Plateausohlenkurve und lande bei Suzi Quatro.

Im Barnaby-Krimi war sie … elektrisierend

Als ich dat Susi das letzte Mal im Fernsehen sah, spielte sie eine Gastrolle in einem „Inspector Barnaby“-Krimi. Das Drehbuch sah vor, sie eine Musikerin mimen zu lassen. Das ist nicht gewaltig originell, aber Bass spielen und singen, also ernsthaft, das gelingt ihr sehr passabel. Konnte sie im „Mord mit Groove“ nur leider nicht lange unter Beweis stellen, weil sie über das Mikrofon auf einer Bühne unter Höchstwatt flambiert wurde. Als eine Art „Miss 100.000 Volt“ standen ihr die Haare zu Berge, dann sah sie Sterne und hörte die Englein singen. Aus war‘s mit dem Luder, Barnaby rückte an.

Ich, der Suzi Quatro auf diese Weise nach langen Jahren wiederentdeckte, begann wie elektrisiert zu recherchieren und fand heraus, dass die 1950 geborene US-Amerikanerin, die in ihrer Heimat geflissentlich überhört und nur in Europa und vor allem Großbritannien zum Superstar wurde, auch nach ihren erfolgreichen Zeiten immer noch rockt und rollt. „Can the Can“ finde ich am stärksten! Das Paradestück einer Rock ’n’ Roll-Heldin, die in den Siebzigerjahren ihre Ledermontur trug wie Wurst ihre Pelle: hauteng und verheißungsvoll. Es verwundert wenig, dass „Can the can“ im Grunde nichts anderes ist als ein Verführstück mit eindeutig zweideutiger Botschaft. Oder wie sollen wir nachstehende Zeilen, frei übersetzt, wohl sonst verstehen?

„Also setz dich für deinen Mann ein, Schatz.
Versuch, die Dose zu füllen.
Steck deinen Mann in die Dose, Süße.
Hol ihn dir, solange du kannst.
Nimm die Dose
Nimm die Dose
Wenn du kannst.“

Es handelt sich nicht gerade um Textliches goethischen Ausmaßes, aber erstens ist „Can the can“ ein fett groovendes Teil aus den enthemmten Siebzigern, in denen man noch ganz anders blankzog, und zweitens gehe ich davon aus, dass wir alle erwachsen genug sind, um mit einem verschmitzten Grinsen darüber schon bei der nächsten Party hinwegzutanzen.

Musikalisch haut der Kracher wie die Axt ins Holz: Von den kräftigen Hieben aufs Schlagzeug und einer wie nahendes Gewitter grummelnden Basslinie wird die Lunte ab Sekunde eins gelegt; es dauert nicht lange, bis die Nummer wie ’ne dicke Stange Dynamit explodiert. Roh und ungeschliffen bleibt „Can the can“ auch nach hundertmaligem Hören eine mitreißende Wildheit. Wie ein Hurrikan rast Suzi volles Brett zwischen Himmel und Hölle bis zum Breaking Point bei Minute 2,03; danach fackelt der Tempel der Lüste lichterloh ab. Die E-Gitarre setzt auf Dauerspeed, ein Klavier knetert ad infinitum, bis die Tasten glühen, und Suzi kreischt.

Lustvoll und lasziv. „Can the can“ can ich echt gut ab.