Hameln-Pyrmont (mes). Schwangerschaft und Geburt sind einschneidende Erlebnisse. Um für Mutter und Kind die Zeit möglichst risikolos und schön zu gestalten, bietet die Hebamme Unterstützung. Doch – wie in ganz Deutschland – herrscht auch im Landkreis Hameln-Pyrmont ein Mangel an Hebammen. Das bestätigt auch Hebamme Maria Kirsch aus Hameln.

„Es gibt viele Gründe dafür“, sagt sie. „Größtes Problem sind die Arbeitsbedingungen in den Kliniken.“ Seit Jahren gehe die Zahl der Kreißsäle massiv zurück. Dem Deutschen Hebammenverband zufolge gab es im Jahr 1991 noch 1186 Krankenhäuser mit Geburtshilfe, im Jahr 2014 waren es nur noch 725 – ein Rückgang von etwa 40 Prozent! Seit 2015 sind nach Angaben des Verbands weitere 83 Kreißsäle geschlossen worden. Das hat laut Susanne Steppat, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes, oft ökonomische Gründe, denn die Geburtshilfe ist für manche Kliniken finanziell nicht attraktiv. Und selbst wenn die Krankenhäuser die Kreißsäle gar nicht schließen wollen, seien sie manchmal trotzdem vorübergehend dazu gezwungen. Sie fänden nicht genug qualifiziertes Personal, das unter diesen Bedingungen arbeiten möchte.

Ausbildungskurs am Sana-Klinikum ausgebucht

Doch es gibt auch Hoffnung. Der nächste Ausbildungskurs an der Hebammenschule des Sana-Klinikums, der am 1. April beginnt, sei voll belegt: „Wir sind sehr erfreut über das Interesse der jungen Generation“, sagt Damaris Bollmann, Referentin Unternehmenskommunikation am Sana-Klinikum Hameln-Pyrmont. „Insgesamt erreichten uns in diesem Jahr mehr als 200 Bewerbungen von potenziellen Auszubildenden.“ Die Crux: Ausbildung bedeutet noch lange nicht, dass Hebammen auch in ihrem Beruf weiterarbeiten. Denn die Hebammen-Vergütung gilt mithin als ein wichtiger Grund dafür, dass selbst ausgebildete Hebammen nicht lange in ihrem Beruf bleiben. Der Hebammenverband Deutschland fordert deshalb schon lange ein Gesetz zur Stärkung der Geburtshilfe.

Susanne Steppat sagt, dass eine Hebamme in einer Klinik im europäischen Ausland im Jahr etwa 30 bis 40 Geburten betreut. Hierzulande seien es hingegen 90. „Und ich kenne auch Kliniken, da sind es 160 Geburten.“ Das hat natürlich Auswirkungen auf die Hebammen: „Sie erzählen mir, dass es sie kaputt macht, so viele Frauen gleichzeitig betreuen zu müssen. Sie haben das Gefühl, keiner gerecht zu werden. Sie haben Angst, dass sie etwas übersehen. Sie haben Angst, dass etwas Schlimmes passiert.“

Die Schwangeren und jungen Mütter nehmen zudem viel mehr Leistungen in Anspruch als früher. Eine Hebamme kann somit viel weniger Frauen betreuen, weil die Zeit fehlt. Das verstärkt den Hebammenmangel in der Geburtsvorbereitung und Nachsorge.

Zwar ist die Zahl der Hebammen und Entbindungspfleger seit den vergangenen zehn Jahren sogar etwas angestiegen, von 9947 im Jahr 2007 auf 11 233 in 2017. Gleichzeitig hat sich aber auch die Zahl der Geburten hierzulande erhöht. Rund 785 000 Babys kamen 2017 auf die Welt; zehn Jahre zuvor waren es 100 000 Babys weniger. In Hameln ist die Geburtenzahl 2018 gegenüber 2017 (1508) leicht angestiegen – auf 1529 Neugeborene. Hebammen sind also mehr denn je gefragt. Doch der Anteil der Hebammen, die in Teilzeit arbeiten, steigt immer weiter an. Sie reduzieren ihre Stunden auch aufgrund der hohen körperlichen und psychischen Belastung.

Künftig sollen Hebammen in einem dualen Studium ausgebildet und damit der Hebammenberuf für künftige Generationen attraktiver gemacht werden – die Länder hatten im Bundesrat jüngst für eine Modernisierung des Berufes gestimmt. Doch ob das alleine reicht, bezweifelt Maria Kirsch. „Der Job ist vor allem wegen des niedrigen Einkommens unattraktiver geworden“, meint sie. Deshalb müsse auch „am Gehalt was gemacht werden“.

Ohne Hebammen würden sich wohl viele werdende oder frisch entbundene Mütter ziemlich aufgeschmissen fühlen. Wohin dann mit all den brennenden Fragen, nagenden Zweifeln und alltäglichen Problemen, die Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenes so mit sich bringen? Denn sie begleiten Schwangere nicht nur durch die Wehen und die Entbindung. Sie stehen den Frauen oft schon während der Schwangerschaft und auch noch in den ersten Wochen nach der Geburt – dem Wochenbett – zur Seite.