Von Ulrike Truchseß

In der hintersten Ecke meines Kellers steht er, fristet sein Dasein still und stumm. Verstohlen wage ich einen Blick hinter Kartons mit Weihnachtsdeko und Kindertrikots. Nostalgie, wohin ich schaue – ach, da sind sie ja, die alten Dias … Egal, zurück zu dem gusseisernen Objekt, das mich gerade beschäftigt. Sogar mit Herdplatte – könnte praktisch sein. Aber wer wird das Monstrum, einen alten Kanonenofen, aus dem Keller tragen? Und würde er überhaupt noch funktionieren?

Hoffentlich! Denn er könnte mir dabei helfen, den kommenden Winter auch ohne Gaslieferung aus Russland in wohliger Wärme zu überstehen. Mal sehen, was mein Schornsteinfeger davon hält, diesen Ofen gewissermaßen als Kanone zum Schutz der Demokratie voll auszuschöpfen.

Kanonenofen – warum heißt der so? Namensgebend war die zylindrische Form und die daraus resultierende Ähnlichkeit mit Kanonen. Ein Relikt aus einer Zeit, in der militärische Begriffe in den Alltagsgebrauch der Sprache einflossen. Leise klingen sie nach: das Kanonenfieber als Angstgefühl, das Kanonenfutter stand für schlecht ausgebildeten Soldaten. Es gibt die Kanonenbootpolitik ebenso wie die harmlose Gulaschkanone. Dann sind da die Sports- und Stimmungskanonen, deren Leistungen manchmal aber auch unter aller Kanone sind. Und manch einer schießt mit Kanonen auf Spatzen … So wie ich hier mit meinem Kanonenofen.

Denn der Plan geht aufgrund der inzwischen geltenden strengeren Regelungen für die Luftreinhaltung wohl nicht auf. Obwohl … ich warte mal ab. Steinkohle ist ja plötzlich auch wieder ’ne Option. Wer weiß, ob dieser Ofen nicht schon bald wieder als echt heißes Teil gilt.