Von Jens F. Meyer
Ich habe ein neues Wort gelernt. Es lautet: Wohnmobilhafen. Wohnmobilhafen verkörpert Charme und Flair. Es suggeriert das Zuhausesein, obgleich man unterwegs ist. Ja, Wohnmobilhafen klingt dermaßen romantisch, dass ich annehmen würde, hier schissen zufriedene Möwen glücklichen Wohnmobilisten in der blauen Stunde bei Weißwein und hübscher Aussicht direkt aufs Fischbrötchen. Doch das Wort ist eine Hülse, denn für all das, was ich mir darunter vorgestellt hatte, steht es nämlich nicht.
Hier, wo blankes Pflaster aufgeheizt wird, weil kein Baum, kein Strauch, den heißen Tag zu einem kühleren machen könnte, sitzen sonnenlädierte Mobilisten unter der aufgeheizten Pergola ihres Fahrzeugs und blicken, jedenfalls wenn man in Hameln gelandet ist, dumpf aus Campingstühlen auf rostige Güterwaggons mit kryptischen Buchstabennummernsalaten, auf eine Fahrradbrücke, einen Zaun, eine Wand und vielleicht auf die Uhr, um hier möglichst schnell wieder wegzukommen. Man kann das beobachten, das ist wie im Zoo. Wenn ich das Wort Wohnmobilhafen lese, weiß ich jetzt also, dass es sich um einen lieblos gestalteten Abstellplatz handelt, der bisweilen viel Müll offenbart, was mich dazu bewogen hat, ihn „Schimmel auf Erden“ zu nennen. Wer auch immer das Wort Wohnmobilhafen erfunden hatte – irgendwer wird es aus Gründen getan haben, – war ein Ass in der Vermarktung. Wohnmobilhäfen sehen nicht nur in Hameln so aus, sondern auch in anderen Städten. Die dort anlanden, finden‘s aber völlig okay. Seitdem ich das weiß, frage ich mich nicht mehr, was bei denen nicht stimmt, sondern was bei mir nicht stimmt. Schönes Wochenende.