Hameln (ey). „Den Toten der Stadt Hameln“ steht auf einer Platte im Rosengarten hinter dem Münster St. Bonifatius. Doch das Kriegerdenkmal ruft bei Bürgerinnen und Bürgern zurzeit vor allem eines hervor: Entsetzen! Hoch stehen hier die Wildkräuter; aus dem verwunschenen ist ein verlotterter Ort geworden. Nicht das einzige Ärgernis. Ein Weckruf.

Du armes Hameln, ich empfinde Mitleid mit Dir, weil Du so ins Kraut geschossen bist und die gebetsmühlenartig sich wiederholenden Mitteilungen der Stadtverwaltung, dass man gegen den Grünbewuchs nicht ankomme, wenig Hoffnung auf Besserung machen. So stehe ich auf dem Busbahnhof an der Stadt-Galerie vor den Fahrplänen und wundere mich über Hahnenklee, Quecke und weiß der Teufel, was da sonst noch wächst. Ich ärgere mich über die Treppen an der Promenade, auf deren Stufen und in deren Seitenspalten noch Laub und Dreck aus dem Vorjahr zu liegen scheinen. Ich gehe an Mauern und auf Wegen entlang, an denen die Wildkräuter, die hier schlicht Unkräuter sind, nicht knöchel-, sondern kniehoch wachsen. Und ich bin bestürzt über den Zustand des Kriegerdenkmals im Rosengarten hinter dem Münster St. Bonifatius. Wer seiner Toten der beiden Weltkriege so gedenkt, sollte sich schämen!

Es reicht nicht, hier vorm Volkstrauertag im November mal eben schnell durchzufegen. Es sollte selbstverständlich sein, dass diese Stätte 365 Tage im Jahr ein würdiger Ort des Gedenkens ist. Und wenn man es als Stadt nicht auf die Reihe kriegt, dann hat man verdammt noch mal die Verpflichtung, eine Lösung mit anderen zu finden, sei es nun mit Kirchenkreis, -gemeinde oder auch der Elisabeth-Selbert-Schule. Nur wer Lösungen sucht, wird sie finden. Das für Ideen ein gewisser Anteil an Fantasie nötig ist, sollte klar sein. Vermutlich mangelt es daran. Wenn ja, würde ich meinen, dass Kommunalpolitiker aller Couleur hier auch kein Ruhmesblatt verdienen. Gibt‘s Vorschläge?

Mein liebes Hameln, meine Heimatstadt, wenn ich all diese kleinen Malheurs sehe, die ein großes Ganzes ergeben, dann hoffe ich inständig darauf, keinen Besuch von meinen Freunden aus Frankreich und Belgien zu bekommen. Dort nämlich wächst das Grün nicht weniger schnell, aber Kommunen, auch solche, die nicht besonders touristisch sind, haben überall Blühendes stehen, aber wenig Kraut. An Brückengeländern hängen Blumenkästen – bei uns sind sie kahl.

An Laternenmasten hängen Blumenampeln – darauf wird bei uns verzichtet, weil man ja gießen müsste. Hameln ist eine weltbekannte Stadt. Vier Millionen Menschen, ob Tagestouristen, Kurzbesucher oder Urlauber, die länger hier verweilen, kommen jedes Jahr zu uns. Was mögen sie denken, wenn sie vor einem verlumpten Kriegerdenkmal stehen? Mir schnürt es die Kehle zu bei diesem Gedanken. Und es ist mir schnurzpiepegal, welche Behörde oder Institution für welchen Ort und welche Aufgabe zuständig ist. Ob Rathaus, Kreishaus, Wasser- und Schifffahrtsamt oder Kirchenkreis, es ist einerlei. Aus Steuern werden sie alle bezahlt. Einigt Euch!

Liebes Hameln, jeden Halm als naturnah zu verkaufen, fällt selbst mir als Beetflüsterer schwer. Dein Bürgergarten ist schön, manche Verkehrsinseln auch. Aber ist das ein Grund, so viele andere Orte verlumpen zu lassen? Ich habe meine Zweifel.