Schwalenberg. Installationen aus filigran und fremdartig wirkenden Objekten, kombiniert mit Leinwänden und Rahmen in Neonfarben – es bietet sich dem Betrachter ein ungewöhnlicher und faszinierender Blick, wenn man das Robert Koepke Haus in Schwalenberg betritt, das die diesjährige Stipendiatin Alessia Schuth in ihrer Abschlussausstellung „meat’n’greed“ bespielt. Als Konzeptkünstlerin stellte sie ihre Objekte dazu in eigens für den Raum entwickelten Installationen zusammen.

Seit sechs Jahren konzentriert sich Alessia Schuth auf die Arbeit mit Thermoplasten und hat damit eine ganz eigene Arbeitsweise entwickelt. Sie benutzt einen portablen 3D-Drucker, der, wie ein Stift, das flächige Zeichnen, aber auch das Zeichnen in der Luft ermöglicht. Mit dieser Technik entstehen faszinierende, fragile, fremdartig wirkende Skulpturen und Bilder, die sowohl die Assoziation an alte „weibliche“ Handwerkstechniken wie Sticken und Spitzenklöppeln aufkommen lassen, als auch Kritik an der Umweltzerstörung durch hohe Kunststoffaufkommen üben. Die Arbeiten von Alessia Schuth irritieren und faszinieren auf den ersten Blick. Von selbst käme man gar nicht darauf, dass das Material Kunststoff ist, in Handarbeit auf feinste Art und Weise in der Luft gezeichnet und geformt.

Alessia Schuth interessiert der historische Blick auf die Weiblichkeit, der überwiegend männlich geprägt ist, der Einfluss traditioneller Ansichten auf den Zeitgeist und das Aufbrechen der Geschlechterrollen in der aktuellen Gesellschaft, dabei besonders die Rezeption traditioneller Rollenbilder in den sozialen Medien.

In der Zeit in Schwalenberg hat sich die Künstlerin intensiv mit den Geschlechterrollen im Zeitalter der Digitalisierung auseinandergesetzt: Was macht es mit einer Generation, die selbst nicht für Frauenrechte gekämpft hat, sich befreit und gleichberechtigt fühlt, in sozialen Median aber stilisierte, traditionelle Geschlechterrollen als Vorbild präsentiert bekommt? Wie fragil sind die errungenen Fortschritte? Dabei befasst Schuth sich auch mit der „Body Positivity“-Bewegung, die vor allem in den sozialen Medien auf die unrealistischen Schönheitsideale reagiert, für die sogar Topmodels in Photoshop nachbearbeitet werden.

Neben den Arbeiten von Alessia Schuth, die größtenteils während ihrer Stipendiatszeit in Schwalenberg entstanden sind, zeigt die Ausstellung eine Auswahl von Fotografien der Serie „NotAufnahmen“ des Gastkünstlers Fabian Holzwarth aus Stuttgart. Sie umfasst 144 Arbeiten und ist 2016 in Italien sowie Griechenland entstanden und beschäftigt sich mit der Erstankunft beziehungsweise Erst-Aufnahme von flüchtenden Menschen auf dem europäischen Festland. Getrieben und getragen wurde das Projekt von der Frage, wie es dort zugeht und aussieht an den „wirklichen“ Grenzen unseres Kontinents. Im Gespräch mit den oft auf der Straße lebenden Menschen zeigte sich der wahre Umgang und die völlige Überforderung Europas mit den um Hilfe und Asyl suchenden Menschen. Die Fotoserie umfasst Porträts von Menschen, die auf die (illegale) Weiterreise nach Nordeuropa warteten sowie die Orte, an denen die Menschen lebten und wohnten. Oft waren dies verfallene (Fabrik-)Gebäude oder einfach die Straße selbst.

Die Ausstellung wird Freitag, 1. Oktober, 18 Uhr eröffnet. Der Eintritt ist frei. Alessia Schuth und Fabian Holzwarth werden anwesend sein und in einem Künstlergespräch mit Dr. Mayarí Granados ihre Arbeiten vorstellen.  Dazu gibt es Musik mit Hammond Orgel und Live Electronics von Andreas Wellmann.  nmeldungen zur Eröffnung: bis zum 29. September unter m.granados@landesverband-lippe.de oder 05261 / 250258 (vormittags an Werktagen). Zur Eröffnungsveranstaltung ist ein 3-G Nachweis erforderlich.

Die Ausstellung wird dann bis zum 31. Oktober gezeigt. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 14 bis 17.30 Uhr.