Hameln-Pyrmont. Im Jahr 2019 kamen im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion (PD) Göttingen, zu der auch der Bereich Hameln-Pyrmont zählt, infolge von Verkehrsunfällen 64 Menschen ums Leben. Im Vergleich zum Jahr 2018, in dem insgesamt 53 Verkehrstote verzeichnet wurden, entspricht dies einem Anstieg von rund 21 Prozent. Auch die Zahl der Schwerverletzen im Straßenverkehr ist von 913 im Vorjahr um 2,6 Prozent auf 937 leicht gestiegen.

„Dieser Anstieg ist erschreckend. 64 Verkehrstote – das bedeutet im Durchschnitt mehr als fünf tödlich Verletzte pro Monat auf den Straßen innerhalb der Polizeidirektion Göttingen. Die Verkehrssicherheitsarbeit bleibt deshalb weiterhin ein Schwerpunkt in unserer täglichen Polizeiarbeit. Wir wollen auch zukünftig mit unseren präventiven und repressiven Maßnahmen Verkehrsunfälle mit getöteten und schwerverletzten Personen verhindern. Im Fokus stehen hierbei vor allem die Hauptunfallursachen Geschwindigkeit, Ablenkung und Alkohol- und Drogenbeeinflussung im Straßenverkehr“, sagte Uwe Lührig, Polizeipräsident der PD Göttingen

Die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle im Jahr 2019 ist im Vergleich zum Vorjahr um 1153 (rund 3,5 Prozent) auf 34.462 gestiegen. Die sogenannten Sachschadenunfälle stellen mit rund 87 Prozent das Gros des Gesamtunfallgeschehens dar.

Im Jahr 2019 wurden 46 Menschen bei Verkehrsunfällen außerhalb geschlossener Ortschaften tödlich verletzt und somit sechs mehr als im Vorjahr. Hier ist seit 2015 erstmalig wieder eine steigende Tendenz festzustellen. 396 Verkehrsunfälle mit schwerem Personenschaden ereigneten sich auf Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften (2018: 389). Die häufigsten Ursachen schwerer Unfälle sind überhöhte Geschwindigkeit, Fehler beim Überholen, Ablenkung, Nichtbeachten der Vorfahrt, fehlerhaftes Abbiegen und Alkoholbeeinflussung.

„Auf den Außerortsstrecken sterben mehr Menschen als innerhalb geschlossener Ortschaften. Hohe Geschwindigkeiten sind oftmals Unfallauslöser und wirken sich äußerst verschärfend auf den Verletzungsgrad der Unfallbeteiligten aus. Aber auch die Ablenkung durch elektronische Geräte wie Handy oder Navigationssysteme nehmen an Bedeutung zu. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns weiterhin auf Verkehrsüberwachungsmaßnahmen auf Landes- und Bundesstraßen in unserem Bereich“, erklärt Lührig.

Positiv sei hervorzuheben, dass die Zahl der Baumunfälle erneut rückläufig ist und nun mit 457 (2018: 467) den niedrigsten Stand der letzten neun Jahre aufweist.

„Innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der PD Göttingen sind im vergangenen Jahr drei Kinder beziehungsweise Jugendliche im Alter bis 14 Jahre ums Leben gekommen. Gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern der Verkehrssicherheitsarbeit bemühen wir uns im Rahmen der Präventionsarbeit die Kinder und Jugendlichen auf die Gefahren des Straßenverkehrs vorzubereiten. Gleichzeitig möchte ich aber auch die Eltern sowie alle Verkehrsteilnehmer bitten, auf die noch unerfahrenen so genannten schwächeren Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr besonders zu achten“, so Uwe Lührig.

Auch sei ein Anstieg der Schwerverletzten in der Altersgruppe bis 14 Jahre um zwölf Mädchen und Jungen auf nun 60 zu beklagen.

Im Jahr 2019 verloren acht junge Menschen ihr Leben im Straßenverkehr (2018: 4).

143 „junge Erwachsene“ und somit fünf weniger wurden im Jahr 2019 schwerverletzt. Insgesamt ist die Anzahl der Beteiligten in diesem Bereich um etwa 3,5 Prozent gesunken. Rund 17,7 Prozent der Beteiligten bei Verkehrsunfällen mit getöteten und schwerverletzten Menschen stammen aus dieser Risikogruppe. Bei einem Anteil von etwa acht Prozent an der Gesamtbevölkerung sind Fahranfänger nach wie vor überproportional unfallbeteiligt. Circa 59 Prozent der getöteten oder schwer verletzten jungen Kraftfahrer haben den Unfall selbst verursacht. Als Unfallursachen sind hier nicht angepasste Geschwindigkeit, gefolgt von fehlendem Sicherheitsabstand und Alkoholbeeinflussung zu nennen.

„Die Werte verdeutlichen, wie wichtig unsere Anstrengungen im Bereich der präventiven Verkehrssicherheitsarbeit innerhalb dieser Altersgruppe sind. Das begleitete Fahren mit 17 und zukünftig vielleicht sogar mit 16 ermöglicht insbesondere auch den Eltern auf das zukünftige Fahr- und Risikoverhalten ihrer Kinder einen positiven Einfluss zu nehmen“, meint Lührig.

Der Trend bei den getöteten und schwerverletzten Verkehrsteilnehmern in der Altersgruppe ab 65 zeigt einen Anstieg von rund 16 Prozent auf 220 (2018:186). Von den Getöteten und Schwerverletzten in dieser Altersgruppe verursachten etwa 43 Prozent der Fahrzeugführer den Verkehrsunfall selbst.

Anstieg bei den Senioren ab 75

Die Anzahl der getöteten und schwerverletzten Verkehrsteilnehmer in der Altersgruppe ab 75 stieg im Jahresvergleich um circa sieben Prozent auf 110 an (2018: 102). Von den Getöteten und Schwerverletzten in dieser Altersgruppe verursachten rund 42 Prozent der Fahrzeugführer den Verkehrsunfall selbst.

„Wir leben in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Gleichzeitig erhöht sich, aufgrund der guten medizinischen Versorgung, die Lebenserwartung der Menschen. Viele möchten dabei weiterhin die unterschiedlichsten Möglichkeiten der mobilen Verkehrsteilnahme nutzen“, so Polizeipräsident Lührig. „Jahrelange Fahrpraxis erhält das Können jedoch nicht auf Dauer. Abnehmende Reflexe und nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit wirken sich negativ auf die Verkehrsteilnahme aus. Wir beraten und unterstützen die Menschen dieser Altersgruppen gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern der Verkehrssicherheitsarbeit mit Präventionsangeboten, wie beispielsweise ‚Fit im Auto‘.“

Der Verkehrsverbund Südniedersachsen hat im Jahr 2019 das Programm „Sichere-Fahrt-Schein“ ins Leben gerufen, bei dem die Polizei durch Beratung und die Entgegennahme von Führerscheinen einen weiteren, hier unterstützenden, Beitrag zur Verkehrssicherheitsarbeit leistet. Bei einer freiwilligen Führerscheinabgabe können Senioren ab 65 gratis Bus und Bahn fahren.

Im Jahr 2019 wurden bei Verkehrsunfällen 14 Fahrer und Soziusse motorisierter Zweiräder über 125 ccm getötet (2018: 8) und 132 schwerverletzt (2018: 140). Gründe für die immer noch hohe Anzahl sind insbesondere in der stabilen und langanhaltend schönen Wetterlage des vergangenen Jahres zu sehen, die eine nahezu ununterbrochene Kradsaison ermöglichte. Auch in diesem Jahr wird die Spezialisierten Kontrollgruppe Krad der PD Göttingen Kradfahrer an den bekannten „Hotspots“ im Harz und Solling kontrollieren.

Auch mehr verletzte Radfahrer

Die Anzahl der Rad- und Pedelecfahrer bei Verkehrsunfällen stieg 2019 um rund 4,2 Prozent auf 1490 an (2018: 1427). Dabei wurden sieben Menschen getötet und 171 schwerverletzt (2018: 7 Getötete und 135 Schwerverletzte). Hier handelt es sich um die höchste Anzahl  innerhalb der letzten zehn Jahre. Das Jahr 2019 zeichnete sich durch eine überwiegend schöne Wetterlage aus. Von einem steigenden Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung geprägt sowie der technischen Entwicklung bei den zweirädrigen Fortbewegungsmitteln, erfolgte vermutlich eine verstärkte Nutzung des Verkehrsmittels Fahrrad / Pedelec / E-Bike. Folge dieses Trends ist allerdings auch die höhere Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen mit diesen Verkehrsmitteln. In der neuen strategischen Ausrichtung wird diesem Bereich in der Fachstrategie Verkehr mit dem Thema „Radverkehr“ besonders Rechnung getragen.

Die Anzahl der Handyverstöße ist im vergangenen Jahr um rund 5,2 Prozent auf 7441 gestiegen. Im Jahr 2018 waren es noch 7056. Zudem wurden 1540 (21 Prozent) dieser Verstöße von Radfahrern begangen (2018: 1364). „Jede Unaufmerksamkeit, auch wenn sie noch so kurz ist, kann im Verkehr zu einem schweren Unfall führen. Störungen und Ablenkungsquellen aller Art, welche die Konzentration auf das Verkehrsgeschehen negativ beeinflussen könnten, sind zu vermeiden! Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass sich einige Fahrzeugführer der Gefahr durch Ablenkung im Straßenverkehr immer noch nicht bewusst sind“, mahnt Uwe Lührig. „Das können und dürfen wir so nicht akzeptieren,“ erläutert der Polizeipräsident und kündigt hiermit weiterhin ein entschlossenes Vorgehen gegen „Ablenkungsverstöße“ an.