Es gehörte einfach zusammen – ist Inbegriff des bewunderten Savoir-vivre und dafür verantwortlich, sich wie Gott in Frankreich zu fühlen. Die Dreieinigkeit von Rotwein, Baguette und Käse. Wem dazu noch eine Gauloises im Mundwinkel hing, durfte sich als genießender Lebenskünstler fühlen. Das war einmal. Denn Käse und ein Roter gehen längst getrennte Wege, was nicht heißt, dass sie nicht auch mal wieder fröhlich zusammen sitzen.

Zwei höchst unterschiedliche Welten, die des Weins und die der Käse. Ein Irrgarten. Was heißt schon: „Ich trinke gerne Riesling“ oder was immer in unseren Weinbergen und weltweit heranreift. Welchen Riesling bitte schön? Von der Mosel, aus der Pfalz, vom Main, von welchem Winzer und aus welchem Jahr – sie sind so unterschiedlich wie April-Wetter. Was ich sagen will: Unter der unendlichen Vielfalt von Wein und Käse und den Kombinationen, die sich anbieten, gelten Ratschläge nur sehr bedingt. Wer gerne süße Tröpfchen trinkt, damit glücklich ist, sollte sich nicht von den Herb-Apologeten ins Glas spucken lassen. Es sollte glücklich machen und die Welt – wenn auch nur für flüchtige Momente – schöner. Nichts ist friedlicher als ein genießender Mensch.

Und tapfer immer wieder mal alte Dogmen gebrochen. Was mag sich wohl der Lyoner Gourmet gedacht haben, als er zum ersten Mal ein Bresse-Huhn – helles Fleisch und klar doch: weißer Wein – in einem roten Burgunder geschmort hat. Und da steht viel zur Auswahl, vom edlen Chambertin bis zum einfacheren Côtes du Rhône – und wer kein Bresse-Huhn hat, darf auch ein freilaufendes Huhn aus deutschen Landen frisch im Bräter mit einem Blauburgunder aus dem Ländle begießen. Und umgekehrt darf ein Weißer manchmal ein Steak begleiten. Fragt sich welcher! Die besten Ratschläge schützen nicht vor Selbsterfahrung und einer neugierigen Zunge. Und Jahr für Jahr neu zu entdecken. Denn eines ist sicher: Mit jedem Wein, mit jedem Käse und jedem Stück Brot sammelt man neue Erfahrungen. Entscheidend: eigene.

Und doch ein paar Anregungen für den Anfang: Zu einem milden Brie aus Meaux und dessen zarter Säure könnte neben einem Gewürztraminer aus dem Elsass auch ein kräftiger, aber eben auch weicher Rotwein passen. Ist der Brie noch ganz jung, müsste er neu kombiniert werden, vielleicht mit einem ebenfalls jungen Silvaner und erst recht bei einem, der sich bereits auf Wanderschaft begibt und zu fließen begonnen hat und mit einem Sauternes verheiratet wird oder einem mächtigen Roten.

Und die Mode zwitschert fröhlich immer neue Melodien dazwischen. Die alte Maxime „alter Wein und junge Mädchen“ längst ausgehebelt. Ganz ohne „#MeToo“. Dennoch gibt es ein paar, wenn auch grobe Regeln – die sich von Mal zu Mal anpassen lassen. Eine der schönsten Käse überhaupt – auch zum Gratinieren – der Gruyère, harmoniert seltsam unbelastet von Moden mit Pinot Noir oder einem roten Bordeaux, dessen jugendliche Wildheit sich bereits abgemildert hat. Ein weißer Bordeaux mit kräftig fruchtigen Aromen, kann ein wunderbarer Begleiter eines Allgäuer Bergkäses sein, aber auch mit einem Appenzeller ein Erlebnis werden.

Ein kräftig-salziger Comté – schwer zu finden, denn auch der tummelt sich meist in gummiartiger Konsistenz und reichlich geschmacksneutral in den Käsetheken. Zu ihm könnte ein Cabernet Sauvignon passen. Ein ideales Paar bilden allemal ein Roquefort, zu dessen salziger Würze und den Schimmel-Bahnen eine Beerenauslese das Gegengewicht liefert. Ein Chèvre, also ein Ziegenkäse, harmoniert mit einem edlen Burgunder-Gewächs. Ein mehr als rustikales Erlebnis: Die Kombination zweier Italiener, nämlich Pecorino und Chianti, dessen Haupttraube Sangiovese mit Säure und Frucht für ein herzhaftes Vergnügen steht.

Und jetzt vergessen Sie bitte alles, was hier über Käse und Wein geschrieben steht und beginnen selbst zu experimentieren. Auch das Brot gehört dazu – wozu sind wir da Weltmeister! – und wird immer ein bisschen anders schmecken und beim Aroma-Mix mitmischen. Auch die Butter. Also probieren, probieren – und: genießen! Sie glauben gar nicht, wie viel Spaß es machen kann, mit Freunden zusammen auf Entdeckungsreise zu gehen.