Von Jens F. Meyer
Die Welt ist voller Rätsel. Im Bermudadreieck gehen Schiffe seit Jahrzehnten reihenweise flöten, und keiner weiß, wohin. Und in der Waschmaschine, sozusagen im Mikrokosmos eines Bermudadreiecks mit Riesenwirbelwellen und überschäumender Gischt, hauen die Socken ab. Gequält im Schweiße eines Fußgeruchs, gelitten unter Hinz und Kunz. Gewaschen, geschleudert und hinabgestiegen in das Reich des Abgrunds. Trommelwirbel.
Das wäre alles halb so schlimm, wenn sich die Dinger wenigstens als Pärchen dünnemachen würden, machen sie aber nicht, macht immer nur eine. Komplexe Verschwörungstheorien geistern durch die Welt. Die Waschmaschine, nimmersattes Maschen-Monster. Ist doch nur eine Frage der Zeit, bis die erste Jeanshose als Rohrpost in die ewigen Waschgründe geschickt wird. Das Schleudertrauma hat längst begonnen.
Es ist nicht das Ende des Schreckens. In einer dunklen Novembernacht, so fürchte ich, wird ein Heer der gefressenen Socken aus der Unterwelt die Rohre raufklettern, um ihre besseren Hälften zu sich zu holen. Die Socken aus Mittelerde, aufgeribbelt, miefend und löchrig, werden zu Abertausenden in den Städten und Dörfern auf den Nasen ihrer ehemaligen Träger herumtanzen und Fragen stellen. Fragen nach dem Verbleib der Kumpels. Geschockte Menschen werden röchelnd eingestehen, dass die übrig gebliebenen Socken jetzt ein Dasein als Schuhputzfetzen fristen, bevor ihnen endgültig der Zinken aus dem Gesichte bröckelt. Das Heer der Verfilzten wird die Geschundenen schließlich befreien und von dannen ziehen. Und irgendwo im Nirgendwo wird ein Denkmal für die drei Anführer dieser Streitmacht errichtet mit der Aufschrift: „Zu Ehren von Stink, Stank und Stunk.“