Weserbergland (ey). Das sieht man nicht alle Tage: dichte Junikäfer-Schwärme in der Abenddämmerung. Dann und wann kommt es zu diesem Phänomen, aber eben nicht in jedem Jahr, zumindest nicht in dieser Intensität, in der sie in den vergangenen Tagen in vielen Gärten gewissermaßen supersummten. Der Grund: Die Engerlinge, also die Larven, verbringen drei Jahre im Boden, vor allem unter Rasenflächen, ehe sie nur in manchen, aber nicht in allen Jahren, in Massen als erwachsene Käfer schlüpfen. Und herumschwirren, als seien sie entweder liebestoll oder betrunken. Weshalb sie auch den Trivialnamen Torkelkäfer erhalten haben.

Betrunken scheidet klar aus, dann muss es wohl mit der Liebe zu tun haben. „Junikäfer schwirren komisch, die haben so einen Schaukelflug, während der Maikäfer gradlinig fliegt. Ich beobachte sie auch; sie sind seit ein, zwei Wochen aufgrund der Wärme verstärkt unterwegs“, sagt Jörg Vahlbruch, Inhaber des Hamelner Garten- und Landschaftsbaubetriebs Vahlbruch – und ausgesprochen versierter Naturfreund, dem Biodiversität und Artenreichtum unheimlich wichtig sind.

Die Dürre – „und anders kann man dieses trockene Wetter, das seit Jahren vorherrscht, ja gar nicht mehr benennen“ – sei ein Riesenproblem für Pflanzen und Tiere. Obwohl Junikäfer nicht zu den Nützlingen zählten (die Engerlinge fressen an den Wurzeln von Pflanzen, vor allem von Gras), seien ihre Schwärme doch auch ein erfreulicher Beweis lebendiger Natur. „Wenn es warm ist, machen die richtig Attacke, dann haben sie ihre Wohlfühltemperatur. Rund um den Lederhülsenbaum in meinem Garten waren neulich bestimmt 30 oder auch mehr unterwegs, das macht schon Spaß, das zu beobachten“, sagt Jörg Vahlbruch.

Übrigens gibt es nicht d e n Junikäfer, sondern viele Unterarten aus dieser Familie der Blatthornkäfer. Der Maikäfer ist der bekannteste Verwandte, hingegen mit Junikäfer der Gerippte Brachkäfer gemeint ist. Hört sich weniger hübsch an, ist aber nicht weniger interessant. Und obgleich sie in der Dämmerung auch Menschen anfliegen, und zwar voller Inbrunst, so sind sie doch vollkommen harmlos, stechen nicht, kratzen nicht, können in Massen höchstens mal lästig sein, wenn zu viele um einen herumschwirren als „Superbrummer“ – ja, ihr Fluggeräusch ist sonor und intensiv. Als ob sie Propeller hätten.

Haben sie nicht, sie haben vielmehr recht kräftige Flügel. Und um das Thema Liebe noch einmal aufzugreifen: Zwischen Tag und Nacht, in dieser dunkelblauen Stunde, sind sie auf Partnersuche. Wenn die klappt, legen die Weibchen im Juli ihre Eier im Boden ab, woraus wieder Engerlinge erwachsen, die im dritten Jahr erneut als Käfer schlüpfen. Ein langes Leben ist den ausgewachsenen Käfern nicht beschieden; die Männchen sterben gleich nach der Paarung und die Weibchen nach der Eiablage.

Bis Anfang Juli tauchen Schwärme von Junikäfern im Weserbergland auf. Das Phänomen ist hochinteressant zu beobachten.