Hameln. Es ist 6 Uhr morgens als sich Finn Rehfeldt mit seinen beiden Kolleginnen an der Wache des Arbeiter-Samariter-Bundes (kurz ASB) bei Hannover trifft. Mit ihnen betritt er die Wache und geht an seinen Spint, um seine Dienstkleidung überzuziehen. Aber es ist nicht seine übliche Arbeitskleidung. Denn an diesem Tag ist Finn Rehfeldt ehrenamtlicher Wunscherfüller für den ASB-Wünschewagen Niedersachsen. Sein Auftrag ist, einen Fahrgast, der sich in seiner letzten Lebensphase befindet, auf eine Reise in seine alte Heimat zu begleiten und ihm so einen letzten Wunsch zu erfüllen.

Bevor die Fahrt aber losgehen kann, wird die Mappe mit den Informationen zur Fahrt und einem kurzen Anamnesebericht über den Fahrgast studiert. Im Team wird geklärt, wer den besonders ausgestatteten Transporter fährt und wer die Betreuung übernimmt. Dann geht es zur Seniorenresidenz, wo der Fahrgast und seine Familie bereits warten. Nach einem kurzen Kennenlernen und einer Absprache geht die Reise an den Jadebusen los. Gemeinsam mit der Ehefrau des Fahrgastes wurde eine große Familienfeier geplant und organisiert. Bei der Feier bleibt Finn Rehfeldt an der Seite des Fahrgastes und unterstützt ihn. Der warme Sommertag lädt ein zu einem Spaziergang am Strand. Dann sind die Kräfte des Schwerkranken aufgebraucht und die Rückreise wird ermüdet aber glücklich und dankbar angetreten.

So ein Tag ist nicht nur für die Betroffenen hoch emotional. Deshalb werden die ehrenamtlichen Wunscherfüller in einem speziellen Seminar ausgebildet. Dabei lernen sie, neben der Selbstführsorge, das Projekt näher kennen, erfahren, wie sie sich während der Begleitung der Schwerkranken in der Öffentlichkeit verhalten können, wie die Rolltrage funktioniert und welche besondere Ausstattung der Transporter hat und wie dieser zu fahren ist. Da eine Reise mit Menschen in ihrer letzten Lebensphase meistens auch eine medizinische und krankenpflegerische Versorgung notwendig macht, sind alle ehrenamtlichen Wunscherfüller Personen aus dem Pflegebereich, Rettungsdienst und der Medizin. Auch Finn Rehfeldt hat in diesem Bereich eine langjährige Erfahrung. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr beim ASB hat er eine Ausbildung zum Krankenpfleger gemacht und war lange ehrenamtlich beim ASB tätig.

Heute macht er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer bei der Firma Schwarze ASC GmbH und besucht die Eugen-Reintjes-Schule in Hameln. Als er im Rahmen des Religionsunterrichts von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit berichtet, ist für seine Berufsschulklasse klar, dass das Projekt des ASB unterstützt werden sollte. Statt einer schulinternen Weihnachtsfeier organisieren die Lernenden eine „Christmas Week“ für die Schulgemeinschaft. Die Ausbildungsbetriebe der Edeka Logistikgesellschaft und Purrmann Logistik stellen Sachspenden für eine Verlosung bereit. Verschiedene Klassen basteln Weihnachtskarten und erstellen Holzsterne, die neben selbstgezogenen Bienenwachskerzen während der „Christmas Week“ gegen Spenden angeboten werden. Weitere Klassen erklären sich bereit, während der Pausen alkoholfreien Punsch, Waffeln und Crêpes zu verkaufen. Im Weihnachtsmannkostüm gehen Mitschüler kurz vor Pausenbeginn durch die Klassenräume und bieten Lose an. Als Hauptgewinn gibt es jeden Tag einen Verzehrgutschein des ERS-Bistros. Und die Schulgemeinschaft der Eugen-Reintjes-Schule zeigt sich spendabel: insgesamt können 800 Euro als Spende eingenommen werden.

„Das ist einfach nur großartig!“ zeigt sich Maren Meier, Projektkoordinatorin für Wunschfahrten- und Freiwilligenmanagement beim ASB Niedersachsen, begeistert. Sie erklärt, dass sich das Ehrenamtsprojekt ausschließlich aus Spenden und zum Teil aus ASB-Mitgliedsbeiträgen finanziert. Es ist wichtig, dass die Wunschfahrten für die Reisenden und Wunscherfüller kostenlos sind. Die Spenden von Privatpersonen und Firmen helfen z.B. Reisekosten zu tragen, Wartungs- und Reparaturkosten des Wünschewagens zu bezahlen, aber auch die Ehrenamtlichen zu schulen und einzukleiden.

Auch Maren Meier hat vor ihrer Tätigkeit als Koordinatorin Wunschfahrten begleitet und kann von außergewöhnlichen Reisen berichten. „Diese Fahrten sind sehr emotional und berührend für alle Beteiligten. Aber sie sind vor allem wichtig für die Betroffenen.“ Das weiß auch Finn Rehfeldt. Er möchte trotz der zeitintensiven Ausbildung als Berufskraftfahrer weiterhin ehrenamtlich für den Wünschewagen zur Verfügung stehen – gerne um 6 Uhr morgens an der Wache des ASB in der Dienstkleidung eines Wunscherfüllers.

Mehr Infos zum Projekt Wünschewagen: wuenschewagen-niedersachsen.de

 

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