Von Jens F. Meyer

Schätzungsweise sind Trillitrillionmyriardmilliardmillionen Nudeln schon reingeflutschelt in den Spülschlund der Nimmerwiederkehr. Höchst wunderlich, dass es pro Kochgang immer nur eine ist. Niemals zwei. Nicht drei oder vier. Nur eine! Das ist ein unerklärliches Phänomen. Es ist diese eine Nudel, die offensichtlich ihren Mut mit dem Leben bezahlt, weil sie beim Abgießen ins Sieb den Topf- mit dem Tellerrand verwechselt, über den sie blicken möchte. Oder will sie dem Maccheroni-Auflauf entgehen, weil es ihr zu eng wird zwischen all den Gleichgesinnten?

Sie will auch nicht in Knoblauchöl baden und macht sich nichts aus Pesto alla Genovese. Sie stürzt sich einfach so in den Orbit der Vergänglichkeit. Vielleicht bleibt diese eine, einsame Nudel nun dumm wie Brot, weil sie nie in der Penne war. Vielleicht wollte sie aber auch so enden, weil sie dachte, dass es ein besseres Schicksal ist, ab durch die Mitte zu gehen und eben nicht in einer Kanne Lloni zu enden. Denn diese Nudel möchte lieber so sein wie die Gottheit aller Nudeln. Vorname: Al, Nachname: Dente.

Zu ihr schauen alle Nudeletten dieser Welt auf, weil sie eines nur im Sinn haben: den Italiener in uns zu wecken. Doch wie soll das gehen als deutschgekochtes Weichteil. Also macht diese eine Nudel den Abgang, diese eine nur, heute bei mir und Ihnen und Euch und anderen, und morgen auch wieder und übermorgen und überübermorgen. Weichgekocht, abgegossen, in den Tod gestürzt. Da liegt sie im Ausguss, kalt und fertig mit der Welt, während ihre Kumpels als Bandnudel mit Käse überbacken, Penne mit Sardinen und Fenchel oder Gnocchi ein schöneres Ende haben. Mahlzeit.