Ach, welch hinreißende Ballade fließt uns hier entgegen, anrührend wie ein von blühenden Buschwindröschen begleitetes Bächlein im jungfräulichen Frühlingswald, von Sanftheit ummantelt, doch an Stärke in all seinem Ausdruck unübertrefflich. Aus kleinstem Quell erwächst ein rauschendes Hörereignis. „Keep me in your heart“ rührt uns zu Tränen; ich schreibe es ausdrücklich für den Plural, denn ich weiß, dass ich nicht der Einzige sein dürfte, der seinen Kinositz heulend unter Wasser setzte, als das Gefühlsgewühl im englischen Blockbuster „Fisherman’s Friends“ durch diese Ballade innigsten Ausdruck erfuhr.

Dort, wo die Wellen gegen die Küste Cornwalls rollen, starteten die Mannen vom Kutter 2019 direkt in die Charts. Eine wahre Begebenheit, ein filmisches Hohelied auf die Shantys. Dass der Soundtrack dann nicht vollends seemännisch die Segel setzte, sondern ihn diese Popperle krönen durfte, mag verwirren, aber jede raue Seele, auch die der Fishermen, braucht ’n bisschen Melancholie und nicht immer nur Sturmflut. Obwohl: Was der britische Singer/Songwriter Jinder hier ins Rollen bringt, ist nicht weniger stark als die Gezeiten, es ist Sturm und Drang fürs Gemüt, schwappt über alle Ufer, sprüht bis zum Sternenzelt und regnet auf uns nieder in poetischen Versen, die schon ohne Melodie wie Musik klingen.

Keep me in your heart
Don’t let me slip away
When the morning comes,
and those tears won’t stop
Please, keep me in your heart.

Lasse mich nicht weggehen. wenn der Morgen kommt und die Tränen nicht aufhören wollen zu rollen. Behalte mich in Deinem Herzen. – Gewiss nichts goethisch Schillerndes, nichts à la Shakespeare, aber Mensch, es ist genau das, was aus unserem Tiefsten spricht! Im Verlaufe des Dreieinhalbminüters kommt die vielleicht schönste aller schönsten Zeilen fast beiläufig: „And you know I’d wait for you a thousand years“. Und du weißt, ich würde tausend Jahre auf dich warten. Bedeutungsvoller kann Treue nicht umschrieben werden.

„Keep me in your heart“ ist das bessere „You‘re beautiful“. Damit will ich Jinder nicht über James Blunt stellen wollen, aber Hi(t)Storys entwickeln sich eben auch dort, wo Musiker nicht raketengleich als Superstars umhersausen. Jinder, im beschaulichen Banbury in Oxfordshire geboren, singt in bester Pub-Manier, warm und willkommen, als ob ein Whisky gerade eben noch seine Kehle hinuntergerollt war. Das Zusammenspiel von Gitarre und Violine ist voller kleiner Wunder, und die tausend Jahre … ja, wer wahrhaft zu lieben in der Lage ist, wer sich dieser unerklärlichen Strömung ganz und gar hinzugeben weiß, wird Jinders melancholisches Maximum verstehen.