Von Jens F. Meyer

Ab dafür, Freunde, die Party geht weiter, nützt ja nix. Möge also 2024 wie „1999“ klingen, das 1982 veröffentlicht wurde. Hä? Ja! Scharfes Teil, das Prince als Meister quecksilbriger Arroganz wie einen pyroklastischen Strom auf die mit Funk ’n’ Fire knisternde Tanzfläche regnen lässt. Es war das fünfte Album des androgynen Korsagenträgers, mit dem er endgültig den Durchbruch schaffte und dessen Titelstück als Single – ich hätte es nach so langer Zeit nun selbst falsch eingeordnet – schon v o r dem lasziven „When doves cry“ die Discokugeln zum Schmelzen brachte. Staubtrockener Beat mit Glitzereffekt und sparsam, aber hochwirkungsvoll eingesetzten Hi-Hats und ein Strom aus feistem Keyboardspiel bieten sich lustvoll an, um Prince hier König werden zu lassen. Er singt nicht allein, holte sich damals weibliche Unterstützung ins Studio – und feuert seine Worte wie Pfeile hinaus. Salven ungetrübter Lebensfreude, könnte man annehmen, doch die Wahrheit ist eine andere: „1999“ handelt von der Angst vor dem atomaren Showdown, dem „Tag des jüngsten Gerichts“, vor dem wir lieber noch mal richtig abhotten, bevor die Atombombe explodiert und sich der Himmel lila färbt (indes: der „Purple rain“ fiel erst 1984).
Verstörend, nicht wahr? Das war Prince immer. Dekadent in allen Facetten und mit einer subtil-intersexuellen Ausstrahlung auf stetem Grenzgang, als es das Wörtchen „gendern“ noch nicht gab. Eine Rampensau, die das Scheinwerferlicht liebte, die Verwandlung und den Zwist. Prince, der sich später mal Symbol nannte, bevor er in die ewigen Rhythm ’n’ Funk-Gründe segelte, war ein Genie. Blöd, dass ich das erst heute bemerke, aber besser spät als nie …