Weserbergland (ey). So kann man sich täuschen: Der Falter mit dem durchaus hübschen Flügelkleid, leicht knittrig wie Nachtwäsche, weiß gefärbt und mit einem breiten braunen Rand versehen, sieht nur harmlos aus, ist er aber nicht. Immer mehr davon schwirren durchs Weserbergland; die Population hat sich in Teilen auffällig stark entwickelt. Im Gegensatz zu gern gesehenen Blütenbesuchern wie Admiral, Kleiner Fuchs oder Tagpfauenauge handelt es sich in diesem Fall um den Unheil bringenden Falter des Buchsbaumzünslers. Gar nicht gut! Und dann ist da noch der Pilz Cylindrocladium buxicola. Noch schlimmer! Beides zusammen ist wie Pest und Cholera.

Immer mehr Buchsbäume (Buxus sempervirens), bei zahlreichen Gartenbesitzern und auch in Parks und öffentlichen Anlagen als Formschnittgehölz verwendet, werden vom Zünsler geschwächt und gehen am Pilz zugrunde. Da ist der Falter, der die Eier in den Buchsbaum ablegt, wo die Raupen das große Fressen beginnen. Und da ist der Pilz, der in Pflanzenwunden eintritt, die spätestens im Spätsommer, wenn die Pflanzen in Form gebracht werden. Ein Kraut ist dagegen nicht gewachsen.

Selbst der Fachhandel reagiert rigide. „Wir haben bis auf weiteres Buchsbäume aus unserem Sortiment genommen. Das hat einfach keinen Zweck. Dem Zünsler ist kaum beizukommen“, sagt Karl-Heinz Bollwitte, Marktleiter im Gartencenter Neumann am Hefehof. Vom noch schlimmeren Pilz mal ganz zu schweigen … Der Pflegeaufwand drücke sich mehr und mehr nur noch in einer Schadensbegrenzung aus. Gärtnerisch mache das wenig Sinn und noch weniger Freude. Bei vielen Kunden seien die Pflanzen, einstmals beliebtes Formschnittgehölz, das auch als Einfassung für Blumen- und Gemüsebeete im klassischen Bauerngarten Verwendung fand, komplett zerstört.

Michael Mäkler, Leiter Parkpflege im Kurpark Bad Pyrmont, lenkt die Probleme rund um den Buchs in eine grundsätzlich zu betrachtende Form: „Wir müssen die Natur viel mehr sich selbst helfen und heilen lassen. Gegen den Zünsler gehen wir nicht vor; wir verwenden im gesamten Kurpark auch sonst so gut wie keine chemischen Pflanzenschutzmittel. Und das funktioniert. Die Pflanzen helfen sich selbst“, sagt der erfahrene Gärtnermeister, der in Bezug auf die Gestaltung von Parks und privaten Gärten grundsätzlich ein Umdenken fordert. „Wir alle werden in Zukunft viel mehr darauf achten müssen, die Natur in Einklang zu bringen. Zu gärtnern verlangt Nachhaltigkeit. Der Garten kann nur im Gleichgewicht bleiben, wenn wir Pflanzen – ob Stauden oder Gehölze – an den für sie richtigen Standort beheimaten. Nicht unser Wunsch nach Exoten sollte die Gestaltung des Gartens bestimmen, sondern die Bedingungen.“ Heißt de facto auch: weniger Chemie einsetzen.

Und das wiederum erklärt Miuchael Mäkler am Züpnsler sehr anschaulich. „Nehmen wir an, wir sprühen eine chemische Substanz in das Gehölz. Zwar werden die Raupen davon sterben, aber die Raupen des Züpnslers sind auch Speise für heimischen Singvögel. Vergiftete Raupen sind zumindest auch für die Vögel eine gesundheitliche Gefahr.“ De facto wäre es besser, den Zünsler machen zu lassen, denn der fresse quasi seine eigene Lebensgrundlage. Und ist der Buchs dann erledigt, „wird eben etwas anderes gepflanzt“. Es gibt Alternativen.

Pilz und Zünsler – selten waren die Voraussetzungen für den Buchs schlechter. Das zeigt sich in vielen Privatgärten und auch in den historischen Stiftsgärten Fischbeck: Die ehemalige Buchsbaumeinfassung im Kräutergarten musste schon 2017 entfernt werden. Die Pflanzen waren vollkommen erledigt oder sahen so löchrig und lausig aus, dass ihr schmückender und vor allem auf die niedrig wachsenden Heilkräuterpflanzen auch wärmestauender Effekt erheblich eingeschränkt war. Und jedes Mal, wenn Äbtissin Katrin Woitack oder die Kapitularinnen des Stiftes durch ihre Gärten gehen, sehen sie neue Schäden an den noch verbleibenden Buchsbäumen. „Es ist echt zum Verzweifeln“, hat Katrin Woitack schon mehr als nur einmal gesagt. Sie steht nicht allein mit dieser Meinung; überall im Weserbergland tun sich enorme Schäden an den Buchsbaumbeständen auf. Wohin mag das führen?

Womöglich zu Eibe. Oder Ilex. „Es gibt Alternativen, aber das mus man vom Einzelfall abhängig machen und sich in einer Fachbaumschule beraten lassen“, sagt Michael Mäkler. Dass die Voraussetzungen für den Buchs irgendwann wieder besser werden, ist eher unwahrscheinlich. „Die trockenen Sommer und milden Winter treiben die Population des Zünslers in die Höhe. Statt zwei Generationen sind bis zu vier möglich“, sagt Karl-Heinz Bollwitte. Heißt de facto: noch mehr Falter, noch mehr Raupen, noch mehr Fraß. Und der Pilz verbreitet sich ebenfalls schneller als früher.