Bad Pyrmont (mes/nl). Dass der Winter vorbei ist, zeigt sich in der Kurstadt vor allem dann, wenn die großen Palmen auf Reisen gehen. Kommende Woche, Montag bis Freitag, werden die Riesen aus ihrem Winterquartier geholt und per Gabelstapler auf ihre Sommer-Standorte gebracht – die meisten davon im Kurpark. Pünktlich zum Beginn der Frühlingssaison hat sich aber auch die Dunsthöhle herausgeputzt und startklar gemacht. Grund genug, einmal bei diesem Naturphänomen vorbeizuschauen.

Hans-Werner Maurer bringt Gäste jeden Alters immer wieder mit seinen kleinen Experimenten bei seinen Führungen zum Staunen. Egal, ob die Kerzenflamme an einer bestimmten Stelle von Geisterhand erlischt oder die Seifenblasen bunt schillernd auf einer unsichtbaren Linie tanzen. Das Phänomen Dunsthöhle ist immer einen Besuch wert. Da staunt auch so mancher Einheimischer, der diesen Ort noch nicht besucht hat. Und auch die Gäste der Kurstadt vergessen dieses Highlight nicht, zumal es einmalig in Europa ist.

Es ist das merkwürdige Verhalten des CO²-Quellgases, das bereits den renommierten Brunnenarzt Dr. Johann Philipp Seip und die Besucher bis heute immer wieder beeindruckt. Das Gas ist eineinhalb Mal schwerer als Luft, bleibt daher in der Grube liegen und steigt in der Dunsthöhle maximal bis zur Höhe des Geländers des Besucherganges. Es reagiert hauptsächlich auf die Lufttemperatur und den Luftdruck. Wie schon Seip feststellte, steigt der Gasspiegel in der Dunsthöhle bei hohen und fällt bei niedrigen Lufttemperaturen.

In einem Experiment faszinieren die scheinbar schwerelosen Seifenblasen mit ihrem Tanz auf der Oberfläche des unsichtbaren Gases. Das CO²-Quellgas bewirkt ein Wärmegefühl, das auf die durchblutungsfördernde Wirkung zurückzuführen ist.

Neben dem Moor und der Sole ist das CO²-Quellgas das dritte wertvolle Naturheilmittel Bad Pyrmonts. Die CO²-Quellgasbäder werden im Rahmen des Therapie-Angebotes des Staatsbades Pyrmont im Gesundheitszentrum Königin-Luise-Bad abgegeben – unter anderem bei rheumatischen Erkrankungen, Arthrosen, Störungen der peripheren Durchblutung, Hypertonie und Koronarinsuffizienz sowie allergischen Erkrankungen wie Asthma oder Ekzem.

Die Dunsthöhle liegt auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs, auf dem im 17. Jahrhundert Buntsandstein gebrochen wurde. Arbeiter bemerkten ab einer bestimmten Tiefe einen „Dunst“, durch den Personen ohnmächtig wurden. Immer mal wieder wurden auch tote Vögel und Tiere in der Grube gefunden. Als der berühmt gewordene Brunnenarzt Dr. Johann Philipp Seip 1712 nach Pyrmont kam, ging er den Erscheinungen auf den Grund. Er vermutete, dass es sich um Schwefeldunst handelte. Kohlendioxid (CO²) wurde erst einige Jahre später als Luftsäure entdeckt.
Seip hatte in Selbstversuchen durch „wiederholtes Schwitzen und Einziehen des Schwefeldunstes“ festgestellt, dass dieser keine giftigen Stoffe enthält. Mit Genehmigung des Fürsten Friedrich Anton Ulrich zu Waldeck von Pyrmont ließ er 1720 ein steinernes Gewölbe über die dünstende Grube bauen, darüber ein kleines Gebäude, circa „6 Schuh ins Viereck und 10 Schuh hoch“, um für Kurgäste ein trockenes Schweißbad herzurichten. Allerdings konnte es wegen des nicht konstanten Kohlendioxidstandes nicht kontinuierlich genutzt werden.

Seip stellte wiederum fest, dass Leute aller Schichten „rühmen von guter Besserung und Hülfe gegen Geschwulst der Füße, Gichtschmerzen und Steifigkeit der Glieder“. Ebenfalls ließ er eine heute noch vorhandene Steintafel einbauen mit der Inschrift: „Machst du Italien mit Raritäten groß, sieh hier, die Schwefelgrub‘ dampft auch aus Pirmonts Schoß“. Hiermit spielte Seip auf die heute nicht mehr existierende Hundsgrotte „Grotte del Cane“ in Neapel an.

Heute kennen wir den Ursprung des Kohlendioxids. In einer Tiefe von 3000 bis 4000 Meter befindet sich ein erkaltender Magmaherd, der Kohlendioxid entgast. Nach einer Untersuchung der Helenenquelle ist das dort dem Quellwasser entweichende CO²-Quellgas magmatischer Herkunft. Aus dem Kohlendioxid das zunächst gasförmig dem Magmakörper entweicht und aus Wasserdampf derselben Herkunft, gehen – unter Hinzutritt von Tiefengrundwasser – die Säuerlinge hervor. Diese steigen aufgrund der Druckverhältnisse und physikalischen Gesetze durch die Verwerfungsspalten und Risse im Gebirge zur Oberfläche und lassen die Quelle sprudeln. Man spricht vom „Kohlensäure – Lifteffekt“, wie er etwa durch das Heraussprühen beim Öffnen einer Sprudelflasche bemerkbar ist. Heilquellen mit einem Gehalt von mehr als 250 mg/l Kohlensäure werden als Säuerlinge bezeichnet.

Also, wer diesem Phänomen begegnen möchte, der hat jetzt in der Dunsthöhle im Rahmen von interessanten Führungen wieder Gelegenheit: Dienstag, Donnerstag, Freitag von 15 bis 17.30 Uhr sowie Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 13 bis 17.30 Uhr.

Und um noch einmal auf die Palmen zurückzukommen: Zur Sicherung des Transportes und des übrigen Verkehrs ist in der kommenden Woche im Kreuzungsbereich Zimmermannstraße – Schillerstraße – Emmerstraße – Südstraße – Schloßstraße eine manuell gesteuerte Ampel eingesetzt. Mit dieser wird dem Transport der Pflanzen das Einfahren in die Schillerstraße/Südstraße ohne Gefährdung ermöglicht. In den transportfreien Zeiten ist die Ampel auf Blinklichtbetrieb geschaltet.