Im Ozean der populären Musik führen Strudel und Strömungen in ungeahnte Tiefen, landen an, verlaufen im Nichts, versickern, formieren sich neu. Immer wieder, endlos endlos gewaltig. Gischten größter Freude sprühen der Sonne entgegen, während Tropfen zartester Melancholie in dieses fantastische Weltenmeer voller Leidenschaft aus solchen Wolken niederregnen, um die sich ein Regenbogen spannt, der ein Licht aus Liebe in alle Himmel und Herzen zu strahlen in der Lage ist. Es wäre falsch zu behaupten, dass mich Klassisches von Mozart, Händel oder Holst kalt ließe. Es wärmt mich durch. Aber solche Musik, die sich in den Fünfziger- und Sechzigerjahren aus Rock ’n‘ Roll, Country, Folk und Blues schälte, wärmt nicht allein, sondern legt innerstes Feuer. Heiße Wallungen, als wolle der rote Saft auf den Siedepunkt gebracht werden. Mit Härte hat das nichts zu tun; diesen Idealzustand des Wohlbefindens können Balladen gewiss genauso erzeugen.

Ein Song wie Honig aus der Sanddornblüte

„Can‘t find my way home“ ist ein kostbarer Schatz; ein Song wie Honig aus Sanddorn und Akazie. Mit einer idealen Textur, die uns Hörende mit jeder Sekunde mehr zu Schmachtenden werden lässt. Wir wollen sie immer wieder hören, noch mal, noch mal, diese süchtig machende Melodie, die aus zart gespielten Saiten wie ein weißes Segel gesetzt wird. Ein stromlos akustischer Klangteppich für Steve Winwoods irre intensive Stimme. Hoch singt er, nah am Abgrund, aber er stürzt nicht, er zieht‘s durch. Blind Faith hieß die Superband, bestehend aus Winwood, Eric Clapton, Ginger Baker und Ric Grech. Sie schrieben 1969 mit einem einzigen Album Musikgeschichte – und es gibt wohl nur wenige Songs, die so intensiv zwischen Zweifel und Vertrauen changieren wie dieser.

Well, I’m near the end and I just ain’t got the time
And I’m wasted and I can’t find my way home

Nun, ich bin dem Ende nah und finde den Weg nach Hause nicht. Alle vier Blind Faith-Mitglieder hatten ihr Zuhause früh gefunden: in der Musik. Sind (auch) in andere Strudel und Strömungen geraten. Ihre Werke sprühen als Gischten, fallen wie Tropfen aus allen Himmeln, formieren sich neu. „Can‘t find my way home“ blieb eine mächtige Welle, eine, die im Laufe der Zeit eine Transformation erfuhr. Denn Winwoods Stimme gewann im Laufe der Jahrzehnte deutlich an Soul und Ausdruck, verlieh dem Werk bei Live-Auftritten nachgerade hypnotische Tiefe. Freilich setzt das Original dennoch den Maßstab. Ein poetisch-musikalischer Genussmoment.