Bob Seger ist der bessere Bruce Springsteen, wusste ich schon immer. Rein subjektive Wahrnehmung, nichts weiter. Für mich verkörpert der in Detroit geborene Musiker mit seiner Silver Bullet Band das staubige Amerika zwischen Route 66 und Death Valley am ehrlichsten. Hat ihm in Europa nicht geholfen; außerhalb der zerfledderten Staaten tat sich seine Musik schwer, in die oberen Ränge der Charts zu gelangen. Aber drüben? Single-Hits, millionenfach verkaufte Alben und weit über eine Million Konzertbesucher.

Schwer wie Blei und leicht wie Federn

„Roll me away“ ist Teil der goldglänzenden Spitze seines umfangreichen Songbooks mit gefühlsechtem Zeugs wie „Night moves“, „You‘ll accomp‘ny me“ oder „Against the wind“. Ein Lied, schwer wie Blei und leicht wie Federn zugleich. Es verheißt Sehnsucht nach der Fremde und erdet in gleicher Weise, fühlt sich wie Heimat an, weil auch die Weite Heimat sein kann. Wie Regen über lange dürstendem Land senken sich erste Tropfen Piano über uns Hörende nieder, und kaum, da Bob Seger seine klug-poetisch gewählten Worte mit rauem Timbre und glühender Leidenschaft auskleidet, fängt die Melodie Feuer. Mal stürmt es funkenvoll voran, mal blinzelt nur ein Flämmchen im Spiele himmlischen Hauchs. Das Lied ist unterwegs wie der Protagonist auf dem Big Bock. Schnell und langsam, laut und leise, diese Reise. Zwei Reifen, ein Lenker, das graue Band.

We rolled across the high plains
Deep into the mountains
Felt so good to me
Finally feelin‘ free

Dieser Song ist ein Geschenk. Weil er Freiheit in sich trägt, die wir schon zu spüren vergessen hatten.