Frischzellenkur für einen Klassiker: Will.i.am von den Black Eyed Peas nahm sich „Mas que nada“, mit dem der brasilianische Bossa-Nova-Bolid Sergio Mendes & Brasil ’66 in den Sechzigern weltweit einen Hit platzierte, 40 Jahre später zur Brust, um der Nummer neues Leben einzuhauchen. So was kann schiefgehen, gerade bei Klassikern, die seit Jahrzehnten Strandlatschen-like mit Leichtigkeit durch unser Sommersonnenfeeling tänzeln, aber den Mutigen gehört die Musik – es funktionierte. So entsteigt aus dem ehemals federnd-trippelnden Takt hier ein sexy Copacabana-Powackelbeat mit flirrendem Gesang und gepfeffertem Rap.

Die Kurve zu „E Menina“ ist höchst seltsam

Erbsen-Willi hatte 2006 folglich ganze Arbeit geleistet; er produzierte dann auch gleich das komplette „Best Of“-Album von Maestro Mendes mit dem Titel „Timeless“, das mir von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen aufgrund der Rapperei voll auf die Nerven geht. Das Gebrabbel muss man mögen, ich mag‘s nicht. Bei „Mas que nada“ ist‘s aber passend eingepflanzt worden.
Wie ich jetzt die Kurve zu „E Menina“ bekomme, ist allerdings seltsam, ich gebe es zu. Das kam so: Vor einigen Tagen stand ich die ganze Platte „Timeless“ wie ein echter Kerl durch, das erste Mal überhaupt, und es tat beim dritten Aperol Spritz nicht mal mehr weh. Bis Song 14 war ich in den zurückliegenden fünfzehn Jahren ja nie gekommen, brach stets ab, weil ich entweder einpofte oder mir Blut aus dem Ohr lief. Aber jetzt – den Stakkato-Gossip hartnäckig schöngeschlürft – erreichte mich die Melodie von „E Menina“. Viel zu singen gibt’s nicht, es wiederholt sich ständig. Mal versuchen:

Hei minina, hei minina
Ele é o o sul da mina (4x)
Dia dia diaaaaaa,
hei hei vem menina
Dia dia diaaaaaa,
vem menina…

Es muss ein zauberhaftes Mädchen im Bikini unterm Zuckerhut gewesen sein, dass hier weiland zum Songwriting führte; nunmehr anbetungsvoll umrundet vom melodischen Spiel der Musiker – und gesanglich eine Verführung durch Gracinha Leporace, Ehefrau von Sergio Mendes, und der Costa Ricanischen Singer-Songwriterin Debi Nova. Dieses fluffige Mehrstimmenspiel fließt easy in ein Delta leidenschaftlicher Leichtigkeit. Immer locker vom Hocker, hey, das geht ab. Sergio Mendes am Piano, Will.i.am bündelt das Schwerelose mit seinem Bass, während Percussions nur „ticke-di-tick“ machen, wie eine Uhr, die sich dreht, obwohl dieser rotkehlchenzwitschernde Glücksbringer, der nur aus wenigen Elementen besteht, ohnehin jede Zeit vergessen macht. On top: Trompete und Flügelhorn. Der sie spielt, heißt Printz Board und kommt mir vor wie ein König – er hat ja auch schon einen Grammy gewonnen.

Dieser Song ist keine fette Schlagsahne, er ist Baiser! Er windet sich voller Reiz um unsere Hüften, lässt uns den Saum des Meeres spüren, die Stunden am Pool, die verstohlenen Blicke und schüchternen Lächeln. Er drängt nicht als Womenizers Hymne voran, sondern bleibt bei aller zaghaften Lüsternheit in einem sehr charmanten Rahmen. „Hey Girl“ kommt deshalb keinem plumpen Ausruf gleich, sondern darf als Kompliment verstanden werden; es ist keine plumpe Anmache, sondern erklingt als Parabel für ein wärmendes Knistern, das unseren Körper durchströmen darf.

Postskriptum für alle Bedenkenträger: Dieses sexy Teil ist wirklich hübsch-harmlos und nichts weiter als ein in Melodie gegossenes Kompliment an ein schönes Mädchen. Das ist auch heute noch: erlaubt!