Fast scheint es, als bearbeiteten Keith Richards und Ron Wood die Saiten mit Sandpapier. Grober Schliff, schmutziger Klang, so lieben wir die Rolling Stones, die ihr „Gimme Shelter“ aus dem 1969er Album „Let It Bleed“ beim Kuba-Kult-Konzert in Havana 2016 auf höchste Warnstufe trimmen. Alles fließt, ein Song nimmt seinen Lauf und uns gefangen! Apokalypse in Dur; ein sehniges, rüdes Stück, das Kritiker bis heute als beste Nummer der Band werten! In der Musikzeitschrift Rolling Stone wurde es auf Platz 38 der besten 500 Rocksongs aller Zeiten gewählt.

Als Single nie veröffentlicht, bei Konzerten nicht ständig in der Setlist, aber ein Hauptantrieb der Stone’schen Maschinerie: „Gimme Shelter“ wird live zum unaufhaltsam brodelnden Zwölfzylinder. Heroisch-fordernd beschwört Mick Jagger die guten Geister, sie mögen ihn, sie mögen uns beschützen. denn „unsere Straßen brennen wie roter Kohlenteppich und Vergewaltigung, Mord, Krieg sind nur einen Schuss entfernt“.

„War, children,
It’s just a shot away
It’s just a shot away!“

Sängerin Sasha Allen gibt dem (g)rollenden Hilferuf noch mehr Grip; wie Wolfsgeheul tönt der Background zum Havana Moon hinaus in die Nacht – und eine Band wird zur Bande. Nur einen Schuss entfernt, nur einen Schuss entfernt der Untergang. Nichts hat sich geändert in dieser Welt von 1969 bis heute. Eine Schande. Umso wichtiger, dass es solche Lieder gibt, die uns ins Gewissen fließen.