Es sind nun mal keine schönen Blicke, die uns das neue Jahr – und das Jahr für Jahr – auch diesmal wieder beschert. Weder der Blick auf die Badezimmerwaage – vom Spiegel ganz zu schweigen – noch der aufs Konto.

Und allemal ärgerlich, dass wir zwar fürs Sparen mittlerweile Zinsen zu löhnen haben, aber für die Miesen als Ausgleich kein Geld auf dem Konto landet. Immerhin: Die Leber darf sich jetzt etwas erholen, bis Karneval erneut seinen Tribut fordert und dem so tapferen Organ nach nur kurzer Pause das Leben wieder schwer macht. Auch wenn wir uns beim Verdauungsschnaps noch so schütteln – seine erhoffte Wirkung ist durch nichts bewiesen.

Sei’s drum, zurzeit werden kulinarisch sowieso eher kleine Brötchen gebacken, auch in der Erkenntnis, dass eine Familie eigentlich nur bei Essen sparen kann. Alles andere wird so automatisch wie gnadenlos abgebucht. Also halten wir es mit Cervantes und seinem Don Quichote, der eindringlich warnt, „dass Fleischfresserei einen Menschen in den finanziellen Ruin treiben kann“. Heute wissen wir, dass sie – die Fleischfresserei nämlich – auch ein Mosaikstein im aktuellen Klimawandel bedeutet und damit über die persönliche sozusagen auch die globale Pleite begleitet. Fleisch aus Brasilien, Palmfett aus Sumatra, das sich auch im Blätterteig verbirgt, wo wir eigentlich Butter vermutet hätten.

Tortillas! Nein, keine sprichwörtlichen „spanischen Dörfer“ – und spanisch muss es einem auch nicht vorkommen, was sich bei uns mit dem „Ochsen vorm neuen Tor“ eingebürgert hat und ursprünglich Wasserklos meinte, von denen wir damals weit entfernt waren und die Nachtgeschirre noch gnadenlos in die Gossen flossen. Denn die Tortilla espaniola – neben der Paella geradezu Inbegriff der spanischen Küche – müsste uns als dickes Kartoffel-Omelett vertraut sein. Sie stammt übrigens ursprünglich aus Belgien! Für die ganz Genauen: aus Lüttich, wo es erstmals in einem Rezept nachgewiesen ist, bevor es in Spanien heimisch wurde. Und dort in allen möglichen Varianten auf den Tisch kommt. Mal als Tapas, also pikante Magentratzerl, dann als Vorspeise oder Zwischengericht – und natürlich als preiswert-sättigendes Hauptgericht.

  • Kartoffeln 
  • Zwiebel 
  • Öl 
  • Eier 
  • Salz 

Die Zutaten – erfreulich übersichtlich: 500 g Kartoffeln, 1 Zwiebel, Öl, 4 Eier und Salz. Die geschälten Kartoffeln in feine Scheiben schneiden oder hobeln, die Zwiebel in Würfelchen teilen und beides – im Original mit acht EL Olivenöl – in einer Pfanne bei mittlerer Hitze garen. Da genügen heute locker zwei Löffelchen. Die Eier in einer Schüssel aufschlagen, salzen und schaumig rühren. Die etwas abgekühlten Kartoffeln mit den Zwiebeln zu den Eiern geben. Die Pfanne mit einem Küchentuch auswischen und einen EL Öl darin erhitzen. Die Eiermischung einfüllen und auf kleiner Flamme stocken lassen, dabei immer wieder rütteln. Mithilfe eines Tellers umdrehen und wieder in die Pfanne gleiten lassen. Fertig garen. Am besten geht das natürlich in einer beschichteten Pfanne.

Das Omelett lässt sich auch mit in Streifen geschnittenen Paprikaschoten und Tomaten bereiten. In der Bretagne ein beliebtes Gericht, das als Pipérade bekannt wurde und als Hauptgericht um Schinkenstreifen ergänzt werden kann. Dazu Knoblauchzehen und Sardellen-Filets – dann allerdings ohne Kartoffeln. In der Tortilla murciana dominieren neben Serrano-Schinken vor allem Gemüse mit Tomaten, Zucchini, Aubergine und Artischocken, dazu Zwiebel, Basilikum, Petersilie und Knoblauch. Ebenfalls ohne Kartoffeln. Manchmal bestimmen auch Saubohnen – die ganz dicken – das Gericht, das sich vor allem aber als Kartoffel-Ei-Mischung durchgesetzt hat. Und auch bei uns noch in den Sechzigerjahren in fast jedem Gasthaus auf der Karte stand. Als Bauernfrühstück mit Speck in Streifen, Kartoffelscheiben und je nach Region lag auch noch eine hausgemachte Essiggurke am Tellerrand und mit dem Speck nach der Butter geworfen, auch noch ein krönendes Spiegelei. Mit dem so oft gekrönt wurde, auch Steaks, wo sie nun wirklich nichts verloren haben. Und das alles für traumhafte unter drei Mark.

Wie klein doch die kulinarische Welt manchmal sein kann, in der Kartoffeln und Eier eine so glückliche Ehe eingehen. Liebe geht eben auch heute noch vorzugsweise durch den Magen.

Herzlichst, Ihr

Richard „Ricki“ Peter