Hameln-Pyrmont (ey). Als wenn die Covid-19-Pandemie für uns Menschen nicht schon genug Belastung wäre – nun droht auch den Blaumeisen erneut Unheil. Bekanntlich war schon im vergangenen Frühjahr eine Epidemie ausgebrochen, die in weiten Teilen Deutschlands dazu führte, dass Tausende dieser Vogelart daran verendeten. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) befürchtet, dass diese Epidemie, hervorgerufen durch das Bakterium Suttonella orni-thocola, noch nicht vorbei ist. Erste Verdachtsmeldungen, die zu den typischen Symptomen der Krankheit passen, sind beim Nabu eingegangen!

Rückblick: Der Nabu hatte aufgrund der Schwere der Epidemie im vergangenen Jahr ein Meldeformular online eingerichtet – über 24 000 Verdachtsmeldungen wurden daraufhin schließlich bis Jahresende abgegeben! Über 400 tote Vögel waren untersucht worden, ziemlich genau die Hälfte der Tiere, so das Ergebnis, war an einer Infektion mit dem in Deutschland neuartigen Bakterium verendet.

Die Folge: Bei der „Stunde der Gartenvögel“ im Mai 2020 wurden entsprechend weniger Blaumeisen beobachtet. Und auch in diesem Jahr scheint die Zahl von Cyanistes caeruleus geringer zu sein. Dies hängt ohne Zweifel mit den Folgen des Vorjahres zusammen, aber wie es scheint, ist die Epidemie noch nicht zu Ende. Eine auffällige Häufung oder klare regionale Schwerpunkte sind jedoch nach Angaben der Nabu-Regionalgeschäftsstelle Weserbergland nicht erkennbar. Verdachtsmeldungen kranker oder verstorbener Blaumeisen oder auch anderer Kleinvögel können unter www.nabu.de/meisensterben eingegeben werden. Nur so kann laut Nabu herausgefunden werden, ob die Epidemie des vergangenen Jahres ein einmaliges Ereignis war oder der Beginn eines jährlich wiederkehrenden Problems.

Die Lage herunterzuspielen, ist nicht angemessen. Verschiedene Arten heimischer Singvögel sterben immer wieder unter solchen Einflüssen. Im Herbst 2019 wütete zum Beispiel auch das tropische Usutu-Virus, woraufhin Tausende Amseln starben. In Niedersachsen waren binnen weniger Wochen über 200 Fälle mit Verdacht auf Usutu-Virus gemeldet worden, in ganz Deutschland Tausende. Erstmals war das Usutu-Virus 2011 in Deutschland aufgetreten; seitdem steigen die Fallzahlen der infizierten Vögel regelmäßig. Auch das Bakterium, das die Blaumeisen schwächt und tötet, entwickelt sich weiter. Suttonella ornithocola sei erstmalig im Frühjahr 1996 in England und Wales für ein massives Meisensterben verantwortlich gemacht worden und wurde 2018 erstmalig in Nordrhein-Westfalen registriert. Erkrankte Tiere zeigten eine Lungenentzündung und vereinzelt Erkrankungen des Darms. Über die Infektionswege ist wenig bekannt; Gartenbesitzer können wenig gegen die Krankheit unternehmen, tun aber gut daran, Vögeln grundsätzlich natürliche Lebens- und Nistbedingungen zu garantieren und das Füttern mit Qualitätsnahrung übers Jahr aufrecht zu erhalten.

Bisher sind nach Angaben des Nabu keine Berichte von Infektionen mit diesem Bakterium bei Menschen oder anderen Säugetieren bekannt. Nachgewiesen wurden Infektionen nur bei Vögeln aus der Familie der Meisen (Paridae) und bei Schwanzmeisen (Familie Aegi-thalidae). Ebenso ist noch unklar, zu welchem Grad auch andere Vogelarten befallen werden können.