Hameln (ey). Im Jahr 2050 könnte es mehr Plastikmüll als Fische in den Weltmeeren geben! Schweinswale in der Nordsee sind vom Aussterben bedroht. Wissenschaftler wollen überdies längst festgestellt haben, dass der Golfstrom sich abschwächt. Daraus resultieren klimatische Folgen, die verheerend sind. – Die Augen vor all diesen und anderen riesigen Umweltproblemen zu verschließen, ist der falscheste aller falschen Wege. „Jede ’Rettungsaktion‘ trägt dazu bei, unseren Planeten zu schützen. Man muss im Kleinen anfangen. Zum Beispiel bei Zigarettenstummeln. Das sind hochgiftige Bomben“, sagt der Hamelner Nick Hutchings.

Der Umweltschützer weiß, wovon er spricht, engagiert sich, ist aktives Mitglied bei Greenpeace – und ging jetzt zusammen mit rund 20 Bürgerinnen und Bürgern auf Kippenjagd in Hamelns Altstadt. Das Ergebnis: niederschmetternd. Tausende Stummel wurden flaschenweise abgefüllt. „Unglaublich“, sagt Nick Hutchings. Die Aktion habe seine schlimmsten Erwartungen übertroffen.
Annkathrin Knorr, federführend im Rahmen der „Hameln kann‘s“-Initiative, in derem Rahmen diese Aktion durchgeführt wurde, hatte indes schon geahnt, was da auf die fleißigen Ehrenamtlichen zukommt. „Diese Aktion hat ja nicht zuletzt auch aufgrund vieler Hinweise von Anwohnern stattgefunden, die uns darauf hingewiesen haben, dass die Innenstadt voller Zigarettenstummel ist.“ Daher diese Aktion. Sie würde das Problem nicht beseitigen, aber: „Es geht um Sensibilisierung. Wir müssen bei vielen Menschen ein neues Bewusstsein schaffen, damit die Vermüllung durch Kippen endlich deutlich zurückgeht.“

Auch der Betriebshof der Stadtverwaltung, der laut Annkathrin Knorr „in der Altstadt eine sehr gute Arbeit macht, indem er sie sauberhält“, hatte mehrmals auf das Problem hingewiesen, das sich nicht so einfach ausmerzen lässt. Grund: Die achtlos weggeworfenen Kippen stecken in den Fugen des Hamelner Pflasters – bei zu schwachem Saugen kriegt man sie nicht weg, bei zu starkem Saugvorgang wird der Fugensplitt leider ebenfalls entfernt. Die Folge ist unter anderem, dass wieder nachverschlämmt werden muss, was nicht wenige Bürger der Stadt als ärgerliches Übel verurteilen.

„Tausende Kippen wurden aus den Ritzen im Pflaster, vor Sitzbänken oder an Bushaltestellen aufgesammelt. Es ist unbegreiflich“, sagt Nick Hutchings. Unbegreiflich deshalb, da es sich um viele Raucher handeln muss, nicht um einige wenige, die dieses Verhalten an den Tag gelegt haben – und damit ein Desaster mit befeuern. Denn in der Masse sind es weltweit Milliarden Zigarettenkippen, die mit dem nächsten Regen in die Kanalisation, die Flüsse, das Meer geschwemmt werden. Hameln. Weser. Nordsee. „Wir sind mittendrin, wir sind Teil dieses ökologischen Problems“, sagt Nick Hutchings. Ein Zigarettenfilter zerfalle im Wasser zu Tausenden Mikrofasern aus Cellulose-Acetat, die nur sehr langsam (15 bis 400 Jahre) im Meer verrotten. Diese Fasern sind mit Nikotin (Nervengift) und krebserregenden Substanzen wie Teer, Formaldehyd, Anthracen, Benzofluoren, Benzopyren, Pyren und Nitrosaminen belastet, „die eine verheerende Wirkung auf Meerestiere haben“. Und letztlich auf uns Menschen.

Die Entsorgung der Überreste von Zigaretten außerhalb dafür vorgesehener Sammelgefäße, etwa durch achtloses Wegwerfen von Zigarettenkippen in der freien Natur oder im öffentlichen Straßenraum, stellt eine ernst zu nehmende Umweltbelastung dar. Bei Aufräumaktionen in Städten und Küstengewässern machen sie bisweilen 30 bis 40 Prozent des anfallenden Abfalls aus! Die Zahl der weltweit pro Jahr weggeworfenen Zigarettenstummel wird auf 4,5 Billionen geschätzt. Laut einer Untersuchung der TU Berlin aus dem Jahr 2014 liegen in Berlin auf einem Quadratkilometer Freifläche durchschnittlich 2,7 Millionen Kippen.