Von Jens F. Meyer

Wenn man an der Kasse im Supermarkt vier Flaschen Rum und sonst nix aufs Band legt, treffen einen die Blicke Umstehender wie Nadelstiche. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, will die Sache dennoch aufklären:

Erstens: Es war kein billiger Fusel, Leute, das habt Ihr alle gesehen. Kein Verschnitt, sondern der echte „gute Pott“, der noch zu einem viel besseren Pott werden soll. Steht unter „zweitens“ …

Zweitens ist eine Buddel nämlich schon leer und der Rumtopftopf zu einem Viertel gefüllt, weil’s ein Rumtopf wird (logisch). Himbeeren und Kirschen sind übergossen, alle drei Tage wird vorsichtig im Rum rumgerührt, während ich in den nächsten Wochen auf dem Wochenmarkt rummarschiere und im Garten rumtapere, um weitere Früchte zu kaufen und zu ernten, um sie dem heiligen Gefäß einzuverleiben und weitere Übergüsse in freudiger Erwartung durchzuführen. Habe ja noch drei Flaschen.

Drittens ist der Rumtopf meine Antwort auf die Energiekrise. Wenn erst der Herbst mit Stürmen hereinbricht und im Winter die Bude kalt bleibt, weil’s kein Gas gibt, erwärme ich mich am vitaminreichen, kulturhistorisch bedeutungsvollen Freudebringer. Er ist der letzte Strohhalm, denn alle Handwerker und Ofenbauer, die ich um Rat fragte, haben ungefähr bis Weihnachten 2078 zu tun, weil sie a) so viele Aufträge haben und b) mitunter bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf Teile warten, die in Containern liegen, von denen niemand mehr weiß, in welchen Häfen sie eigentlich stecken. Von meinem Rumtopf hingegen weiß ich, wo er steht, und ich plane, ihn nicht vor November anzu-, sondern nur umzurühren. Das ist in der Tat die größte Herausforderung.