Bad Pyrmont / Salzhemmendorf (mes/ul). Eine warme Heizung an kalten Tagen, Strom aus der Leitung zu jeder Zeit, halbwegs bezahlbares Benzin fürs Auto – das alles ist plötzlich nicht mehr selbstverständlich. Der russische Angriff auf die Ukraine zog Energiesorgen und Inflation nach sich. Nicht nur Bürger reagierten und schauten, Wie und wo sie Energiekosten einsparen können, auch Städte, Gemeinden und Kommunen erarbeiteten Konzepte. Besonders hart traf es die Thermen. Doch während manchen sogar die Schließung drohte, wussten sich die Hufeland Therme in Bad Pyrmont und die Ith-Sole-Therme in Salzhemmendorf zu helfen.

Für die Ith-Sole-Therme setzen die geschäftsführenden Gesellschafter Stefan Schlichte und Julian Meser und ihre vier Mitgesellschafter schon immer auf Energieeffizienz. Immerhin können sie für die Therme verbuchen, dass sie kostendeckend betrieben wird. Ein Ziel, das Schlichte auch für die Zukunft anpeilt, indem er noch mehr erneuerbare Energien einsetzen will. Täglich verbraucht die Therme so viel Energie wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr.

Seit einem Vertrag, der im Jahr 2007 unter Landwirten, den Stadtwerken, der Therme und dem Flecken geschlossen wurde, werden 20 Prozent des Energiewärmebedarfs der Therme aus der Abwärme der Biogasanlage genutzt. Für diesen Anlageverbund erzielten der Flecken Salzhemmendorf, die Agrar Energie Lauenstein und die Ith-Sole-Therme 2008 sogar den deutschen Solarpreis. Schlichte hofft, dass Biogasanlagen über das Jahr 2026 hinaus staatlich gefördert werden. Nur dann lohne sich die Anlage für die Landwirte.

Geothermie in Planung

Weitere 20 Prozent des Energiebedarfs für die Ith-Sole-Therme werden seit 2012 von einem Blockheizkraftwerk gedeckt, der restliche Wärmebedarf durch Gas des Energieversorgers. Ab diesem Jahr sollen weitere 20 Prozent des Energiebedarfs durch Fotovoltaik abgedeckt werden. 90 Prozent der Energie können dabei vor Ort genutzt werden, meint Meser. Es handelt sich um 1000 Quadratmeter Fotovoltaik auf den Dächern der Therme.

Außerdem planen die Geschäftsführer und ihre vier Mitgesellschafter ist gemeinsam mit den Stadtwerken und dem Flecken, Geothermie zu nutzen. Bis zu zwei Millionen Euro wolle man investieren. In naher Zukunft sollen dafür ein bis zwei Probebohrungen in bis zu 450 Meter Tiefe auf dem Areal der Therme stattfinden. Sind die erfolgreich, so soll die Geothermieanlage 2026 in Betrieb gehen. Angezapft wird die Sole-Quelle, die durch Salzhemmendorf verläuft. Schon bisher nutzt die Therme diese Quelle, allerdings in 500 Meter Luftlinie Entfernung und mit Temperaturen von sechs bis zehn Grad. Je tiefer aber gebohrt werden kann, umso wärmer wird das Solewasser sein, und dadurch kann die Therme, so die Hoffnung von den Betreibern, künftig allein durch die Geothermie zu 60 Prozent energieautark werden.

Auch die Stadtwerke und der Flecken sind sehr daran interessiert, Geothermie nutzen zu können, das wäre dann, ebenso wie bei der Biogasanlage, eine weitere Win-win-Situation, mit der in diesem Fall die hohen Kosten für die Bohrung und der hohe Energiebedarf für die Therme auf mehrere Schultern verteilt werden können. Denn Schlichte und Meser kalkulieren: „In zehn Jahren sollte sich die Investition amortisiert haben.“ Ihnen liegt daran, die derzeit 70 Arbeitsplätze in der Therme erhalten und mit der erweiterten Saunalandschaft und den künftigen Angebotserweiterungen sogar noch erhöhen zu können.

Blick nach Bad Pyrmont: Staatsbad-Chef Maik Fischer machte bereits im vergangenen Herbst Nägel mit Köpfen, ließ die Therme der Kurstadt montags schließen und die Wassertemperaturen von 32 auf 28 Grad absenken– in der Hoffnung durch diese Maßnahmen 25 Prozent Energiekosten einsparen zu können. Nun die erfolgreiche Zwischenbilanz: „In der Hufeland Therme wurden im Zeitraum Juli 2022 bis März 2023 im Vergleich zum repräsentativen Vergleichszeitraum 2018/2019 insgesamt rund 1,2 Millionen Kilowattstunden an Gasverbrauch reduziert. Das entspricht 24 Prozent“, sagt Bad Pyrmonts Kurdirektor auf Nachfrage von Hallo Pyrmont. Und auch beim Strom konnte gespart werden: „rund 115000 Kilowattstunden (das entspricht 23 Prozent).

Die Geschäftsführung beurteile die Wirkung der Maßnahmen als erfolgreich – aus wirtschaftlicher sowie ökologischer Nachhaltigkeitsperspektive. Maik Fischer gibt einen kleinen Ausblick: „Viele der Energieeffizienzmaßnahmen bleiben weiterhin bestehen um sich den neuen Kontextbedingungen anzupassen. Für dieses Jahr ist noch die Konzeptentwicklung eines engmaschigen Energie-Monitorings mithilfe smarter Konzepte und Lösungen für ein effizienteres Gebäudeenergiemanagement geplant“, räumt er ein. Ziel sei eine weitere, nachhaltige Reduzierung des fossilen Energieverbrauchs und der Energiekosten in den kommenden Jahren.

Gäste sind verständnisvoll

Dass solche Maßnahmen notwendig sind, sehen auch die Thermen-Gäste ein. „Die sehr überwiegende Zahl an Besuchern hatte großes Verständnis“, so der Kurdirektor weiter. „Unsere Besucher zeigten eine große Wertschätzung und hohes Vertrauen für die Möglichkeit die Hufeland Therme nutzen zu können, als einige Thermen und öffentliche Bäder in Deutschland schließen mussten.“ Ein Beleg für die hohe Zufriedenheit und Anpassungsakzeptanz der Nutzer an die veränderten Rahmenbedingungen sei die monatlich stetig gestiegene Besucherzahl seit den Maßnahmen aus der Phase der 2Gplus-Corona-Verordnung kommend gewesen, sodass im Vergleich zu 2018/2019 in den Vergleichsmonaten Juli 2022 bis März 2023 schrittweise bereits 95 Prozent der Besucherkapazität erreicht werden konnte. „Ohne diesen großen Zuspruch wäre eine Beibehaltung der Öffnung wirtschaftlich nicht möglich gewesen“, fügt Fischer hinzu. Somit war die Hufeland Therme durch das maßgeschneiderte Konzept fähig, gemeinsam mit den Gästen ein für alle Interessen (Betriebsgesellschaft, Gäste, Mitarbeiter, Destination) attraktives Gesamtpaket umzusetzen.

Doch nicht nur die Hufeland Therme betreffen die Energiemaßnahmen. „Es wurden im gesamten Unternehmen viele Maßnahmen entwickelt und umgesetzt“, gibt der Staatsbad-Chef einen Einblick. Dazu seien alle Abteilungen und Mitarbeiter eingebunden worden. Er nennt in diesem Zuge das Herabsenken der Badewassertemperaturen in den Therapiebecken in der Klinik „Der Fürstenhof“ und des Königin-Luise-Bades sowie der Raumtemperaturen in allen Liegenschaften. „In den Büros wurde die Temperatur auf 18 Grad geregelt und bei der Außenbeleuchtung Einschaltzeiten im zulässigen Rahmen der Wegesicherung verringert. Mitarbeitern wurde ermöglicht Homeoffice zu nutzen, wo es betriebsbedingt eingerichtet werden konnte, die Technischen Bereiche wurden, wo möglich, nicht beheizt. Außerdem wurden ältere, ineffiziente Leuchtmittel geprüft, ob ein Austausch mit LED möglich und kompatibel ist, weitere Bewegungsmelder eingebaut und bei den Lüftungsanlagen, sofern möglich, die Leistung reduziert und Laufzeiten angepasst.

Auch in und für die Zukunft hat das Staatsbad Pyrmont ein Auge auf innovative Konzepte. Beispiele für die Planung weiterer Maßnahmen seien laut Maik Fischer zum Beispiel in der Fürstenhofklinik der Austausch der Schwimmbadpumpen von Standard- auf Energieeffizienz-Pumpen, der stetige Austausch von Heizungspumpen zu Energieeffizienz-Pumpen, smartes Gebäudeenergiemanagement mit einem umfassenden Energie-Monitoring und smarten Technologien zur Energiereduzierung. Hier soll die Hufeland Therme als Pilotprojekt fungieren.