Hameln-Pyrmont (ul). Die Corona-Pandemie hat vieles verändert. Leider auch das Vorsorge-Verhalten vieler Menschen. Fest steht: In Niedersachsen führte die Pandemie zu einem deutlichen Rückgang der Krebsvorsorge. So wurden von Januar bis September 2020 im Vergleich zum Vorjahr 18 Prozent weniger Screenings in niedersächsischen Arztpraxen durchgeführt. Das zeigt eine DAK-Sonderanalyse von ambulanten Abrechnungsdaten der Jahre 2019 und 2020. Bei Mammographie-Screenings war der Rückgang in Niedersachsen mit 27 Prozent besonders stark!

Mehr noch: Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchungen sanken um 25 Prozent, Prostata-Screenings um elf und Darmkrebs-Untersuchungen um sieben Prozent. „Aus Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 haben viele Patienten offensichtlich einen Praxisbesuch vermieden. Der Rückgang der Krebsvorsorge ist besorgniserregend“, warnt Dirk Vennekold, Landeschef der DAK-Gesundheit in Niedersachsen. Vorsorgeuntersuchungen seien wichtig, um ernsthafte Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können – natürlich auch in Pandemie-Zeiten.

Dr. Axel Roczyk, Vorsitzender des Hamelner Ärztevereins und stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung der Kreisstelle Hameln, berichtet: „Die vielen Impfungen wegen der Corona-Pandemie sind für die Arztpraxen eine erhebliche Zusatzbelastung. Man kann also derzeit nicht annehmen, dass die anderen Aufgaben, die die Arbeitswoche normalerweise komplett ausfüllen, wie immer erledigt werden können. Die Praxen helfen sich damit, dass sie nicht zwingend notwendige Aufgaben gegebenenfalls verschieben, die Impf-Sprechstunden zum Teil sogar in die Mittagspausen und auf den Mittwoch-Nachmittag oder den Freitag-Nachmittag verlegen. Und gegebenenfalls auch zusätzliches Personal akquirieren, um den Arbeitsanfall schaffen zu können.“ Dieser Mehraufwand werde aber nicht dazu führen, dass die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung – inklusive Vorsorge – vernachlässigt wird. Zu dieser Vorsorge zähle auch das Impfen gegen andere Krankheiten. Nicht nur Covid-19 stehe hier im Fokus.

Denn: Durch die Corona-Pandemie hat sich das Freizeitverhalten der Menschen geändert. „Sie gehen mehr raus in die Natur zum Wandern, Joggen und Radfahren, zum Picknicken und Grillen. Damit steigt jetzt aber auch wieder das Risiko, an einer Frühsommer-Meningoenzephalitis zu erkranken“, sagt Apotheker Sven Seißelberg von der KKH Kaufmännische Krankenkasse. Diese Viruserkrankung wird durch Zeckenstiche übertragen und kann schlimmstenfalls zu einer Hirnhautentzündung führen, zu Schäden des Nervensystems und Lähmungen. Dem Risiko kann jeder mit einer Impfung vorbeugen, die die Ständige Impfkommission (STIKO) für bestimmte FSME-Risikogebiete in Deutschland empfiehlt. Zecken können aber auch die Lyme-Borreliose übertragen. Gegen diese Bakterieninfektion gibt es keine Impfung. Rechtzeitig diagnostiziert lässt sie sich aber gut behandeln.

Wichtig zu wissen: Wer sich gegen Covid-19 impfen lassen möchte, sollte laut RKI mindestens 14 Tage vorher keine andere Impfung wie zum Beispiel gegen FSME erhalten haben.
Immerhin erfreulich: Für viele Menschen sind die aktuellen Diskussionen um Corona ein genereller Anstoß, sich mit ihrer Ernährung, der eigenen Lebensweise und körperlicher Gesundheit auseinanderzusetzen. Dass Alkohol und Nikotin gesundheitsschädlich sind, ist allgemein bekannt. Für einen gesünderen Lebensstil braucht man auch nicht zwingend ein halbes Dutzend Kochbücher und eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio. Fakt ist, dass es häufig schon viel bringt, ausreichend Wasser zu trinken und sich abwechslungsreich mit viel Obst und Gemüse zu ernähren. Und gerade jetzt, wo viele Menschen täglich im Home-Office arbeiten, empfehlen sich regelmäßige Auszeiten wie kurze Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten wie Laufen oder Radfahren. Selbstverständlich ersetzen all diese Tipps nicht den regelmäßigen Gang zur Vorsorge, die gerade mit dem Alter immer wichtiger wird. Das gilt auch in puncto Impfen: Eine Beratung beim Hausarzt ist in jedem Fall eine gute Idee.